Beste MT-Saison von A bis Z
Die MT Melsungen hat die erfolgreichste Saison der Klubgeschichte hinter sich gebracht. Grund genug für einen etwas anderen Rückblick.
Platz drei, zweimal bei einem Final4 dabei, Verletzungspech getrotzt und, und, und – die MT Melsungen hat in der Spielzeit 2024/25 ihre Fans begeistert. Wir blicken zurück auf diese Saison mit einem A bis Z und ein bisschen Augenzwinkern:
A wie Asyl: Weil die Rothenbach-Halle wegen einer Messe nicht zur Verfügung stand, fand die MT im Mai Zuflucht in der Nordhessen Arena. Zwei Spiele, zwei Siege – hätte schlechter laufen können.
B wie Bodenaufkleber: Samstag, 19. Oktober, Top-Spiel gegen Berlin, tolle Stimmung, nur die Bodenaufkleber… Hielten einfach nicht. Lösten sich ab. Und die Frage: Wo ist der Pattex-Sekundenkleber, wenn du ihn brauchst? Egal. Bodenaufkleber entfernt, weitergespielt, gewonnen, fertig.
C wie Chaos: Passt zum Thema →Bodenaufkleber, meint aber den Flug zum European-League-Spiel gegen Vojvodina. Ohnehin war nicht viel Zeit: Sonntag in Magdeburg, danach zum Flughafen in Berlin, von dort Richtung Belgrad, aber: Probleme mit der Maschine, Zwischenlandung in Budapest. Egal. Verspätet angekommen, am Dienstag gespielt, gewonnen, fertig.
D wie Derbysiege: Die schmecken bekanntlich besonders süß. In dieser Saison gleich zweimal. Mit freundlichen Grüßen Richtung Mittelhessen.
E wie Eiltempo: Nicht jede Reise in der European League war mit →Chaos verbunden. Es musste nur meist alles im Eiltempo vonstattengehen. Mitunter standen weniger als 48 Stunden zwischen einer HBL-Begegnung und einem Europapokal-Spiel zur Verfügung. Fazit: Stresstest bestanden.
F wie Final4: Einmal Köln, einmal Hamburg – zwei Teilnahmen haben in dieser Saison außer der MT und →Kiel kein anderes Bundesliga-Teamgeschafft.
G wie Geste: Diese Szene bleibt im Gedächtnis. Der Schock, als sich Amine Darmoul im Spiel gegen Vardar nach nur 10 Minuten am Boden krümmte. Kreuzbandriss. Der erste Patient im →Lazarett der MT. Aber auch eine tolle Geste, wie Vardar-Spieler Milan Lazarevski den verletzten Darmoul hochhob und vom Feld trug.
H wie Hexenkessel: Um es im modernen Sportdenglisch zu formulieren: Wie die Fans und →Zuschauer in dieser Saison performt haben – Wahnsinn. Nicht ohne Grund hat sich die Bezeichnung Hexenkessel für die MT-Heimspielstätte etabliert.
I wie Irun: Gegner im Viertelfinale der European League. Der Empfang für den MT-Tross im Norden Spaniens – phänomenal. Lag womöglich auch ein bisschen an Erik Balenciaga. Der MT-Regisseur stammt aus dem Baskenland, hatte im Vorfeld gefühlt die Hälfte der Tickets reservieren lassen und wurde in seiner Heimat gefeiert wie ein Volksheld. Auch die Mannschaft ließ ihn nach dem überragenden Sieg und dem Einzug ins →Final4 hochleben.
J wie Joker: Bei der MT gab es nicht nur in Bezug auf die Mannschaft den einen oder anderen Helfer, der spontan eingesprungen ist. Es gab sogar einen Joker fürs →Maskottchen. Und als der Hallensprecher kurzfristig ausfiel, übernahm ratzfatz der VAR. Mehr Flexibilität geht eigentlich nicht.
K wie Kiel: Zweimal in der Bundesliga, zweimal in der Hauptrunde der European League, und je einmal beim →Final4 in Köln und Hamburg – macht sechs Pflichtspiele gegen den THW Kiel. Irgendwann ist dann auch mal gut.
L wie Lazarett: Ach, lassen wir das! Obwohl… Zwischenzeitig befanden sich sieben Profis im MT-Lazarett. Irgendwann ging es fast schneller, die gesunden Spieler aufzuzählen als die verletzten. Aber lassen wir das!
M wie Maskottchen: Blicken wir noch mal auf das Heimspiel gegen Berlin. Da machte der Chef persönlich den →Joker – und zwar als Maskottchen. Vorstandssprecher Andreas Mohr schlüpfte kurzerhand ins Henner-Kostüm.
N wie Nur den Moment genießen: Dieser Satz darf im Saisonrückblick nicht fehlen. Und er geht gut und gern als das Kastening-Mantra durch. Ab dem siebten bis zum 23. Spieltag – von Mitte Oktober bis Mitte März – stand die MT ununterbrochen auf dem ersten Tabellenplatz. Angesprochen darauf, was möglich sei und was die Mannschaft nun mache, antwortete der MT-Kapitän stets wie? Genau: Nur den Moment genießen.
O wie Oldies: Oder auch Sportrentner. Waren bei der MT gern gesehen, und wurden mir nichts, dir nichts reaktiviert. Da war Rückkehrer Felix Danner, bald 40, der sich für einen Monat das Trikot überstreifte, als die MT personell auf der letzten Rille fuhr und das →Lazarett aus allen Nähten platzte. Und natürlich Carsten Lichtlein, fast 45, der als Keeper gefragt war, spätestens als Nebojsa Simic einen Kreuzbandriss erlitten hatte. Der ewige Lütti – eine der Geschichten der Saison.
P wie Physios: Hatten alle Hände voll zu tun. 56 Pflichtspiele bestritt die MT seit Ende August – so viele wie kein anderer HBL-Klub. Hinzu kam die Arbeit im pickepackevollen →Lazarett. An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an das Physio-Team!
Q wie Qualifikation: Bei all den Teilnahmen an einem →Final4 und obendrein dem Titelrennen in der Liga ging ein wenig unter: Das Saisonziel hieß Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb. Das hat die MT geschafft.
R wie Rekord: Nebenbei wurde in dieser Saison ein Rekord aufgestellt. Wir erinnern uns: Die MT bekam →Asyl in der Nordhessen Arena, und das dortige Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen am 4. Mai sahen 5.100 Fans. Nie zuvor war die MT bei einem Heimspiel vor so vielen →Zuschauern angetreten.
S wie Schlüssel: Noch so eine Szene mit enormer Haltbarkeit, die auf jeden Fall länger haften bleibt als die →Bodenaufkleber beim Berlin-Spiel. 29. November, Heimspiel gegen Flensburg, die Halle ein →Hexenkessel, und in den letzten zehn Minuten machte Nebojsa Simic seinen Kasten nicht nur mit seinen Paraden dicht, sondern auch pantomimisch: Symbolisch schloss er das MT-Tor ab und warf den Schlüssel weg. Sportreporter sprechen an solchen Stellen gern von einer Schlüsselszene des Spiels.
T wie Trompete: Dass bei MT-Spielen fleißig getrommelt wird, ist ja nichts Neues. In dieser Spielzeit kam erstmals eine Trompete zum Einsatz. Im Viertelfinale des DHB-Pokals war das, kurz vor Weihnachten, Flensburg zu Gast, und am Ende zog die MT ins →Final4 ein. Es lässt sich festhalten: Das neue Instrument hat Glück gebracht. Wenn das so weitergeht, steht womöglich bald ein ganzes Orchester auf der Trommler-Tribüne.
U wie Unentschieden: In der European League spielte die MT zweimal unentschieden, jeweils zu Hause, einmal gegen →Kiel und einmal gegen Vojvodina. In der HBL hatten die Nordhessen mit Punkteteilungen nicht wirklich viel am Hut – die Ausnahme bildete ausgerechnet das letzte Heimspiel. Gegen Lemgo rettete die MT nach famoser Aufholjagd einen Punkt und blieb damit ungeschlagen vor eigenem Publikum.
V wie Vardar: Verein aus Skopje, mit dem es die MT in der Gruppenphase der European League zu tun hatte. An das Heimspiel dürfte Leon Stehl beste Erinnerungen haben. Erstmals im Profikader erzielte der junge Rechtsaußen auch gleich seinen ersten Treffer – auch dank Ian Barrufet, der Stehl den Vortritt überließ, obwohl er selbst den Ball im verwaisten Kasten hätte unterbringen können.
W wie Wutrede: Es erinnerte ein wenig an das legendäre Eistonnen-Interview von Per Mertesacker während der Fußball-WM 2014. Nach dem Spiel in Leipzig Ende Oktober setzte Timo Kastening wie aus dem Nichts zu einer kleinen Wutrede an. Im Interview machte sich der Rechtsaußen Luft und prangerte die zunehmende Schauspielerei und Theatralik im Handball an. Starkes Ding! Vermutlich musste er sich danach erst einmal in der Eistonne abkühlen.
X wie x-mal: Der Mann mit dem →Schlüssel war x-mal zur Stelle und bis zu seinem Kreuzbandriss Mitte April in bestechender Form. 239 Paraden, eine Quote von fast 33 Prozent – wer weiß, wenn er nicht… Weitere Statistiken: Fünf Profis waren bei allen 34 HBL-Spielen im Einsatz – Erik Balenciaga, Adrian Sipos, Dimitri Ignatow, Ian Barrufet und Timo Kastening. Die meisten Treffer erzielte Barrufet (135), die meisten Blocks kamen von Sipos (21), die meisten Vorlagen machte Balenciaga (108), und im Schnitt besuchten 4240 →Zuschauer die HBL-Heimspiele der MT.
Y wie Youngster: Bezeichnung für einen jungen Sportler und treffend für Ian Barrufet. Kam als Leihspieler vom FC Barcelona und entpuppte sich als die Entdeckung der Saison. Ob über Außen, vom Siebenmeterstrich oder in der Deckung – der junge Spanier eroberte schnell die Herzen der MT-Fans. Und obendrein: Torschützenkönig der European League. No está mal, amigo!
Z wie Zuschauer: Oder auch der achte Mann. Großartig, wie die Rothenbach-Halle und auch die Nordhessen Arena in →Hexenkessel verwandelt wurden. Von 17 HBL-Heimspielen waren insgesamt elf Partien ausverkauft. Nur der Zuspruch in der European League ließ zu wünschen übrig. Aber daran kann ja schon in der nächsten Saison gearbeitet werden. (Robin Lipke)