Derbysieg nach irrer ersten Hälfte

Nicht zu bremsen: Die MT Melsungen hat am 30. Spieltag der DAIKIN Handball-Bundesliga einen ungefährdeten 33:27 (20:10)-Derbysieg gegen die HSG Wetzlar gefeiert.

Die MT Melsungen ist bereit für das Final4 der EHF European League am kommenden Wochenende. Am Montagabend präsentierte sich der nordhessische Handball-Bundesligist vor allem in der ersten Hälfte wie im Rausch und spielte die HSG Wetzlar regelrecht an die Wand. Im zweiten Durchgang ließ die Mannschaft von Trainer Roberto Garcia Parrondo nichts mehr anbrennen und gewann am Ende 33:27 (20:10). 

Bester Torschütze der MT war Ian Barrufet mit acht Treffern – sehr passend, denn der spanische Linksaußen feierte zugleich seinen 21. Geburtstag. Jubel brandete ebenfalls auf, als zehn Minuten vor Schluss Torwart-Oldie Carsten Lichtlein für Adam Morawski in den MT-Kasten kam. 

Doch zunächst einmal wurden Erinnerungen an die letzte Saison wach, als die Gastgeber nach drei Minuten und zwei Treffern von Philipp Ahouansou mit 0:2 hinten lagen und dabei noch Glück hatten, dass Domen Novaks Siebenmeter beide Innenpfosten mitnahm und zurück ins Feld sprang. Wetzlar war auch vor fast genau einem Jahr die erste und einzige Mannschaft, die bei der MT gewinnen konnte. Etwa auch diesmal?

Aber nein! Keine zwei Zeigerumdrehungen später hatte Barrufet mit dem 3:2 die schnelle Wende eingeleitet. Und wer trotzdem noch skeptisch war, lehnte sich spätestens nach Barrufets Siebenmeter zum 10:3 (13.) entspannt zurück. Dazwischen brannte die MT ein wahres Feuerwerk ab, zu dem Dainis Kristopans mit sehenswerten Geschossen aus der zweiten Reihe und Morawski mit klasse Paraden ihren Teil beitrugen. Die Stimmung in der Nordhessen Arena? Nach einer Viertelstunde schon annähernd so enthusiastisch, als seien die Punkte bereits sicher eingefahren.

Ahouansou war lange Zeit der einzige Wetzlarer, der Morawski bezwingen konnte. Einmal mehr war der Pole in bestechender Form. Mindestens ebenso stark: Barrufet. An seinem 21. Geburtstag sorgte der nicht nur vorn für Torjubel, sondern half auch hinten die Bälle zu organisieren und die Laune der Zuschauer ganz weit oben zu halten. Er blieb mit Dimitri Ignatow und Erik Balenciaga auf dem Feld, als im Rückraum mit Elvar Örn Jonsson und Alexandre Cavalcanti frische Kräfte kamen.

Die sich nahtlos einfügten und den Druck auf die HSG unvermindert aufrechterhielten. Jonathan Svensson sorgte mit seinem Gegenstoß zum 15:6 (23.) bereits für die zweite Auszeit von Gästetrainer Momir Ilic, Morawski entzauberte Ahouansou von der Siebenmeterlinie, und Cavalcanti löste schon vor der Pause stehende Ovationen aus, als er mit dem 19:9 erstmals für zehn Tore Differenz sorgte. Das war schon richtig großes Kino, was die Melsunger da boten.

Freude und Schreck lagen zu Beginn der zweiten Hälfte ganz nah beieinander. Erst großer Beifallsturm für den Zuckerpass von Kristopans auf Arnar Freyr Arnarsson zum 22:11 (33.), dann bedrückende Stille, als Balenciaga kurz darauf von Ahouansou zu Boden geschickt wurde und mit dem Hinterkopf auf den Boden knallte. Für ihn ging es erst einmal nicht weiter, seine Spielmacherposition übernahm Svensson. Wetzlar witterte seine Chance. Hinten glänzte Anadin Suljakovic mit einer Doppelparade gegen Barrufet von der Linie und Svenssons Nachwurf, vorn machten die Halben Stefan Cavor und Justin Müller Betrieb: nur noch 23:15 (38.).

Die Klassepartie der Nordhessen von vor der Halbzeit war es nicht mehr, Grund zum Jubel gab es dennoch immer wieder. Ob die beiden Wahnsinnspässe von Balenciaga auf Sipos zum 28:20 und 29:21 (52.), ob die Ablösung von Morawski durch Carsten Lichtlein oder dessen erste Rettungstat gegen Cavor; die MT hatte immer irgendwas auf Lager, um die Zuschauer aus den Sitzen zu reißen.

In den letzten Minuten kam sogar Jonas Riecke auf Einsatzzeit und trug sich mit zwei feinen Toren in die Torschützenliste ein. Der Dank? Stehende Ovationen schon knapp fünf Minuten vor Schluss. Die Partie war da längst durch, und der 15. Heimsieg der Saison unter Dach und Fach. (Michael Koch)

Stimmen
Momir Ilic:
Gratulation zum Sieg an Roberto und die MT. Für uns muss ich positiv mitnehmen, dass meine Mannschaft auf die Kabinenansprache reagiert hat. Die erste Hälfte ging gar nicht, in der zweiten haben wir in der Abwehr nicht schlecht gespielt.

Roberto Garcia Parrondo: Wir wussten, dass uns mit dem Hessenderby heute ein schweres Spiel bevorsteht. Aber gerade in der ersten Halbzeit waren wir sehr gut im Angriff. Ich bin immer dann glücklich, wenn wir als Mannschaft auftreten und spielen, so wie wir das heute gemacht haben.

Statistik
MT Melsungen:
Morawski (10 Paraden / 20 Gegentore), Lichtlein (1 P / 7 G.); Enderleit, Balenciaga 1, Mandic, Sipos 2, Kristopans 3, Ignatow 1, Moraes, Jonsson 5, Arnarsson 4, Cavalcanti 4, Svensson 1, Riecke 2, Kastening 2, Barrufet 8/4 – Trainer Roberto Garcia Parrondo.

HSG Wetzlar: Suljakovic (10 Paraden / 29 Gegentore), Klimpke (0 P. / 4 G.), Göbner (n. e.); Eijlersen 1, Mappes 4/1, Petersen, Vranjes 2, Becher 1, Ahouansou 9/1, Schoch 1, Weimer, Müller 3, Zacharias, Novak 2, Cavor 4 – Trainer Momir Ilic.

Schiedsrichter: Marvin Cesnik (Gummersbach) / Jonas Konrad (Gummersbach); Spielaufsicht: Thorsten Zacharias.

Zeitstrafen: 4 – 6 Minuten (Sipos 5:48, Moraes 57:29 – Eijlersen 17:23 35:17, Ahouansou 32:36)

Strafwürfe: 7/4 – 4/2 (Novak an den Pfosten, 25:42, Morawski pariert Ahouansou 25:42, Suljakovic pariert Barrufet 32:39 35:19, Kastening scheitert an Suljakovic 53:53)

Zuschauer: 4.588 in der Nordhessen Arena, Kassel

Spielstände: 0:2 (4.), 6:2 (9.), 10:3 (13.), 12:6 (19.), 15:8 (25.), 19:9 (29.) 20:10 (Halbzeit) – 22:11 (33.), 23:15 (38.), 26:19 (45.), 29:22 (53.), 33:27 (Endstand).

Unser Foto zeigt MT-Kreisläufer Arnar Freyr Arnarsson. (Foto: Käsler)