Erfolgreiche Melsunger bescheren der DHB-Auswahl den Sieg über Ungarn im eigenen "Wohnzimmer"

Die deutsche Nationalmannschaft hat ihren Sieges-Nimbus in der Kasseler Rothenbach-Halle gewahrt. Im zweiten Aufeinandertreffen mit Ungarn gab es nach dem Unentschieden vom Vortag in Gummersbach einen 30:29 (17:13)-Erfolg, der den vierten Sieg der Deutschen bei ihrem vierten Auftreten in der Kasseler Rothenbach-Halle bedeutete. Nach einer über weite Strecken überlegen geführten Partie drohte vor 3.011 begeisterten Zuschauern das nächste Unentschieden, ehe Johannes Golla, früher selbst in Diensten der MT Melsungen und damit quasi in seinem „zweiten Zuhause“, mit der Schlusssirene den alles entscheidenden Wurf ins Glück setzte. Erfolgreichste deutsche Torschützen waren aber zwei aktuelle Melsunger: Julius Kühn und Timo Kastening trafen beide jeweils fünfmal.



Mit beiden Lokalmatadoren, also den MT-Spielern Julius Kühn und Timo Kastening (Foto: A. Käsler), in der Startformation, begann die deutsche Sieben, lief aber von Beginn an erst einmal einem Rückstand hinterher. Wobei Kühn insofern beteiligt war, als das 0:2 (2.) durch Petar Topic über seine Verteidigungsseite fiel. Zu machen war dabei gegen die quirligen und sehr in die Breite agierenden Magyaren allerdings wenig. Erst als Andreas Wolff ins Spiel kam und die ersten Bälle parierte, zeigten sich die Gäste zunehmend verunsichert. Was sofort die Zuschauer auf den Plan rief. Zunächst noch verhalten, dann aber spätestens ab dem 3:3-Ausgleich (4.) des ehemaligen Melsungers Johannes Golla mächtig laut.

Noch lauter sogar, als Julius Kühn mit einem klasse Block das 4:4 (7.), wieder erzielt von Golla, einleitete. Die Partie war, mal abgesehen vom vorzüglich aufgelegten Andreas Wolff im Tor, schon eine eindrucksvolle Melsunger Vorstellung. Denn als Ungarns Coach Jose Maria Rodriguez Vaquero nach knapp mehr als einer Viertelstunde beim Stand von 11:6 zur Auszeit bat, war Ex-MTer Golla in seiner „alten Wohnstube“ bereits dreimal erfolgreich, hatte Julius Kühn zweimal ins Schwarze getroffen und auch Timo Kastening doppelt eingelocht. Grund genug also zum Jubeln, was das Kasseler Publikum gern und ausführlich tat.

Ein wenig stiller wurde es nicht nur, nachdem Zsolt Balogh nach zwischenzeitlicher Sieben-Tore-Führung auf 13:8 (22.) verkürzte, sondern auch als Csaba Leimeter im Gegenstoß, allerdings bedrängt und somit nicht bestraft, Andreas Wolff einen satten Kopftreffer verpasste. Dass Julius Kühn zudem seinen Platz an Juri Knorr abgab, sorgte nur kurz für Bedauern. War es doch der Mannheimer, der alsbald nach seiner Einwechslung das 14:8 (24.) erzielte. Und spätestens beim raffinierten Dreher Timo Kastenings zum 15:9 (26.) war der Lautstärke-Pegel wieder ganz oben. Auch noch zur Pause, obwohl Zsolt Balogh und Adrian Sipos eine Zeitstrafe gegen Knorr zur weiteren Verkürzung nutzen konnten.

Beim Beginn der zweiten Halbzeit blieb Kastening für den Rest der Strafe aus dem ersten Durchgang zunächst auf der Bank, dafür kehrte Julius Kühn zurück. Also weiterhin, und damit durchgehend, „Fulle Power“ auf dem Feld. Mit leichten Anlaufschwierigkeiten jedoch nach dem Seitenwechsel, denn Kühn und Johannes Golla, ebenfalls wieder dabei, scheiterten beide am gerade erst eingewechselten und glänzend reagierenden Adam Borbely. Der nächste Versuch des MT-Kanoniers saß dann aber: 18:14 Kühn (33.). Sand war dennoch im Getriebe der deutschen Mannschaft: Gabor Ancsin verkürzte auf 18:16, Alfred Gislason legte früh die Grüne Karte (37.).

Was nichts daran änderte, dass Ungarn mittlerweile wieder dran war. Mit Rückenwind sogar, als Petar Topic in das wegen Jannik Kohlbachers Strafe verlassene deutsche Tor traf und auf 19:18 verkürzte (41.). Da passte es ins Bild des Abends, dass mit Timo Kastening erneut ein „Einheimischer“ für das 20:18, und damit Entlastung, sorgte. Und auch, dass der andere Lokalmatador Julius Kühn mit dem 23:20 (45.) wieder Distanz zum Gegner aufbaute. Die in der Folge mehr oder weniger konstant blieb. Weil Timo Kastening rechtzeitig vor Julius Kühns zweiter Zeitstrafe Lukas Mertens wieder abgelöst hatte, blieb es beim Dauerfaktor Melsungen auf dem Spielfeld.

Der Rechtsaußen war dann sogar in Unterzahl erfolgreich, stellte auf 29:25 (56.) und half, dem verzweifelter und immer hektischer werdenden Ansturm Ungarns nach Kräften zu widerstehen. Die warfen nun alles in die Waagschale, kamen immer näher und schafften 28 Sekunden vor Schluss durch Zoltan Szita tatsächlich den Anschlusstreffer zum 29:28. Der direkt folgende Ballverlust der Deutschen und Szitas zweiter Volltreffer vier Sekunden vor Schluss schien die Wiederholung des Remis vom Vortag in Gummersbach zu bedeuten. Hätte nicht Till Klimpke geistesgegenwärtig das Leder blitzschnell nach vor auf den am Mittelkreis wartenden Johannes Golla gepasst und der ohne weiteres Überlegen direkt ins Netz der Ungarn vollstreckt. Eine Sekunde vor Schluss war der Sieg doch noch realisiert, und das durch den Kapitän und zudem ehemaligen Melsunger höchstselbst.

Stimmen zum Spiel

Alfred Gislason: Ich bin froh über diese beiden Spiele gegen Ungarn. Heute haben wir klar verdient gewonnen und vieles besser gemacht als gestern. Wir haben eine deutlich aggressivere Abwehr gesehen, der Andi Wolff in der ersten Halbzeit viel geholfen hat. Die einzigen Probleme waren, dass wir zu viele Bälle verloren haben, als wir mit sieben Toren weg waren. Nach der Pause haben wir unseren Vorsprung verloren, weil wir nicht richtig ins Spiel kamen. Aber die Mannschaft ist cool geblieben, auch wenn sie zum Ende hin wieder zu viele Fehler gemacht hat. Kurz vor Schluss haben wir noch mit vier Toren geführt und dann noch den Ausgleich kassiert. Die schnell ausgeführte Mitte von Johannes hat uns dann doch noch den Sieg gebracht.

Johannes Golla: Alles in allem war es gut, dass wir das Spiel noch gewonnen haben. Gefühlt haben wir in der ersten Hälfte zu viel von unserem Vorsprung abgegeben, Da hätten wir Ungarn auch bei zehn oder elf Toren halten können. In der zweiten Hälfte haben wir dann zu viele Bälle einfach verloren. Aber ich denke, wir können aus den Spielen hier viel mitnehmen. Außerdem ist es viel schöner, hier mit einem Sieg rauszugehen als mit einem zweiten Unentschieden.

Deutschland – Ungarn 30:29 (17:13)

Deutschland: Wolff (10 Paraden / 13 Gegentore), Klimpke (5 P. / 16 G.); Golla 4, Wiede 2, Knorr 2, Zerbe, Köster, Schiller 1/1, Kühn 5, Mertens 2, Ernst, Kohlbacher 1, Kastening 5, Schmidt 2, Zechel 3, Witzke 3 - Trainer Alfred Gislason.

Ungarn: Mikler (2 P. / 11 G.), Szekely (2 P. / 6 G.), Borbely (5 P. / 13 G.); Sipos 1, Topic 6, Vajda, Leimeter 1, Juhasz 1, Kovacsics 2, Balogh 4/2, Ligetvari, Nagy, Fazekas 1, Alvarez 5, Szöllösi 3, Bujdoso 1, Szita 2, Ancsin 2, Hanusz - Trainer Jose Maria Rodriguez Vaquero.

Schiedsrichter: Duarte Santos / Ricardo Fonseca (Portugal)

Zeitstrafen: 10 – 4 (Zechel 12:59, Knorr 29:04, Kühn 34:24 54:36, Kohlbacher 38:17 – Sipos 40:50, Leimeter 51:53)

Strafwürfe: 1/1 – 3/2 (Balogh scheitert an Wolff 17:54)

Zuschauer: 3.011 in der Rothenbach-Halle, Kassel.

Weitere Stimmen zum Spiel von dhb.de



Julius Kühn (Foto: A. Käsler):

Mit unserem heutigen Auftritt können wir insgesamt zufrieden sein, der Sieg zählt natürlich. Wir hatten, ähnlich wie gestern, eigentlich alles im Griff (Anmerkung: Am Samstag trennten sich Deutschland und Ungarn in Gummersbach 31:31), bekommen aber kurz vor der Halbzeit zwei schnelle Gegentore und finden dann nicht mehr so konsequent zu unserem Spiel zurück. Johannes hat uns am Ende den Sieg, mit einem perfekten Wurf, gerettet.

Zum Sieg: Es war ganz wichtig, dass wir das Spiel mit einem Tor gewonnen haben. Hätten wir wieder unentschieden gespielt, hätten wir nicht gewusst, was los war nach dem Spielverlauf. Mit dem Sieg kann man ein positives Fazit der Woche ziehen, denn wir haben wirklich sehr gut gearbeitet. Es war anstrengend, wir haben wirklich viel gemacht. Wir fahren mit einem guten Gefühl nach Hause, denn jeder hat in beiden Spielen gute Leistungen gezeigt.

Zum Lehrgang: Natürlich war die Woche, auch mit den zwei aufeinanderfolgenden Spielen, kräftezehrend. Man freut sich aber immer alle Jungs zu sehen, mit ihnen auf der Platte zu spielen und das Land repräsentieren zu dürfen. Wir haben hart gearbeitet und können die Lehrgangswoche mit einem Erfolgserlebnis beenden.

Timo Kastening (Foto: A. Käsler):

Zu seinem 150. Länderspieltor: Ich wusste gar nicht, dass ich heute mein 150. Länderspieltor gemacht habe. Das ist eine schöne Randnotiz.

Zum Spiel: Eine solche Lehrgangswoche mit einem Sieg abzuschließen, ist extrem wichtig. Das fühlt sich gut an, der Glaube ist da. Du weißt beim nächsten Mal, dass du eine gute Nation wie die Ungarn schlagen kannst. Daher sind wir sehr glücklich, dass wir dieses Spiel glücklich gewinnen konnten. Wir haben flüssiger im Angriff gespielt und vor der Pause das Fundament in der Abwehr und mit guten Torhütern gelegt haben. Aber nach der Pause hatten wir mehr Probleme mit der umgestellten Abwehr der Ungarn. Aber man hat gesehen, dass jede Minute zählt und wir den Sieg dann über die Zeit gebracht haben.