Melsungen bot Magdeburg Paroli – leider ohne Happy End

Die MT Melsungen war beim amtierenden Deutschen Meister SC Magdeburg keineswegs chancenlos, wie die über weite Strecken des Spiels knappen Zwischenstände belegen. Beim Zwei-Tore-Rückstand fünf Minuten vor Schluss war für die Nordhessen sogar noch eine Überraschung drin. Doch genau in der Phase erwiesen sich die Gastgeber als abgezockter und nutzten ihre letzten sich bietenden Gelegenheiten jeweils zu den spielentscheidenden Gegentreffern. 27:23 leuchtete als Endstand auf der Anzeigentafel der GETEC Arena auf. Bester Feldtorschütze vor 5.805 Zuschauern war MT-Kreisläufer Arnar Freyr Arnarsson mit 6 Treffern. Magdeburgs Halbrechter Kay Smits kam einschließlich 5 verwandelter Strafwürfe auf insgesamt 8 Tore. Nun stehen in der kommenden Woche für nicht weniger als 10 MT-Cracks Länderspieleinsätze auf dem Programm, ehe Melsungen am 19. Oktober im DHB-Pokal in Erlangen ran muss.


Hier können Magdeburgs Abwehrspieler Christian O'Sullvan (li.) und Kay Smits nur tatenlos zuschauen nachdem sich Arnar Freyr Arnarsson in Wurfposition gebracht hat – Foto. A. Käsler.

Die Auftaktphase in der Magdeburger GETEC Arena verlief verheißungsvoll für die Gäste aus Nordhessen. Zwar zischte Ivan Martinovic’s Ball im ersten Angriff des Spiels über das Tor, aber im nächsten Vorstoß setzte sich Arnar Freyr Arnarsson an der 6-Meter-Linie zum 0:1 durch. Dazwischen war der Weitwurf von SCM-Keeper Mike Jensen auf das verwaiste Melsunger Gehäuse nur am Pfosten gelandet. Roberto Garcia Parrondo hatte also vom Start weg eine 7-gegen-6-Angriffsvariante gewählt, ließ neben Arnarsson Gleb Kalarash als zweiten Kreisläufer operieren. Der Plan dieses Überzahlspiels ging auch wenig später auf, als David Mandic herrlich auf Linksaußen freigespielt werden konnte, was  zum 0:2 führte (3. Min.).

Nach vier gespielten Minuten erlöste Kay Smits seine Farben mit einem verwandelten Strafwurf zum 1:2. Was den Gastgebern offenbar weiter Auftrieb gab. Zumindest, um sich mit einem 3:0-Lauf etwas Luft zu verschaffen (4:2, 10 Min.). Kai Häfner, inzwischen für Ivan Martinovic gekommen, funkte mit seinem Tor zum  4:3 dazwischen, ehe Magdeburg wieder auf +2 stellen konnte. Auffällig bis dahin: von den fünf Toren der Gastgeber resultierten drei aus Siebenmeterwürfen. Deren gebundenes Angriffsspiel hatte Melsungens aufmerksame Defensive eigentlich soweit im Griff.

Und auch vorne kehrte die Treffsicherheit zurück. Das Spiel über den Kreis hatte Erfolg, Arnar Freyr Arnarsson und Gleb Kalarash – unterstützt von Kai Häfner – betätigten sich als Aufholjäger und schafften es mit dem 6:6-Ausgleich, das Spiel nach einer Viertelstunde wieder zu öffnen. Dazu trug auch Nebojsa Simic bei, der nun immer öfter die Hand an den Ball bekam, gerade erst wieder gegen den frei vor ihm auftauchenden Lukas Mertens. 

Aber erneut schafft es Magdeburg in der Folge, sich kleinere Vorteile zu erspielen. Ohne sich aber zunächst der MT gänzlich erwehren zu können. Denn auch wenn nach knapp 20 Minuten ein 11:8 von der Anzeigentafel leuchtete, schafften es Agustin Casado und der treffsichere Arnar Freyr Arnarsson, den Kontakt wieder herzustellen (11:10, 23. Min.), nachdem Roberto Garcia Parrondo eine Auszeit genommen hatte. Der Coach hatte dabei drei frische Kräfte gebracht: Agustin Casado für André Gomes, Florian Drosten für David Mandic und Julian Fuchs für Dimitri Ignatow.

In der Schlussphase der ersten Halbzeit nutzte Magdeburg eine Überzahl (Elvar Örn Jonsson musste nach einem Foul an Philipp Weber auf die Bank) und zwei Melsunger Fehler im Angriff, um sich bis zum Pausenpfiff auf 15:12 abzusetzen. Der MT-Rückstand hätte leicht noch deutlicher ausfallen können, wenn Nebojsa Simic nicht mit zwei grandiosen Paraden erst Kay Smits und kurz darauf  Magnus Saugstrup entzaubert hätte.

Zur zweiten Spielhälfte beorderte Roberto Garcia Parrondo dieselbe Besetzung aufs Feld, die Halbzeit 1 beendet hatte – also mit Florian Drosten, André Gomes, Elvar Örn Jonsson, Kai Häfner, Dimitri Ignatow und Arnar Freyr Arnarsson. Auch zwischen den Pfosten gab es keinen Grund zu wechseln. Dennoch blieb Magdeburg am Drücker, der pfeilschnelle Gisli Kristjansson holte mit einem lehrbuchartigen Wackler einen Strafwurf heraus, den Kay Smits als Siebenmeterschütze vom Dienst zum  16:12 verwandelte.

Die MT indes ließ sich davon nicht entmutigen. Allen voran Nebojsa Simic, der gegen die jeweils frei am Kreis auftauchenden Magnus Saugstrup, Gisli Kristjansson und Kay Smits zur Höchstform auflief. Er deckte damit einige Nachlässigkeiten seiner Vorderleute zu. Andererseits setzten die wiederum ihre Kräfte im Angriff frei. Arnar Freyr Arnarsson, nach einem Zauberanspiel von Kai Häfner, Elvar Örn Jonsson, mit einem staubtrockenen Schlagwurf, Kai Häfner mit seinem unnachahmlichen beidbeinigen Sprungwurf und wiederum Arnar Freyr Arnarsson, diesmal mustergültig von Agustin Casado bedient, sorgten mit ihren Treffern dafür, dass nach 40 Minuten beim 18:17 wieder Spannung aufkam.

Die Magdeburger waren in dem Moment in Unterzahl, da Kreisläufer Magnus Saugstrup eine Zeitstrafe absitzen musste. Die MT Abwehr formierte sich deshalb mit David Mandic zu einer 5:1-Variante. Der zweikampfstarke Gisli Kristjansson holte einen Strafwurf heraus, zusätzlich  eine Zweiminutenstrafe für David Mandic – Kay Smits erzielte das 19:17. Im Gegenzug hatte Kai Häfner den Anschlusstreffer auf der Hand, aber der Kapitän fand diesmal im starken Mike Jensen seinen Lehrmeister. Wiederum im Gegenzug gelang Gisli Kristjansson das 20:17 (42. Min.). Womit für Roberto Garcia Parrondo eine Auszeit unausweichlich war.  

Den anschließende Fehlwurf von André Gomes bestrafte postwendend Kay Smits mit dem 21:17. Bog Magdeburg damit etwa schon auf die Siegerstraße ein? – Nein! Denn nicht zuletzt aufgrund weiterer Paraden von Nebojsa Simic und der im Angriff zurückgekehrten Treffsicherheit – in dem Fall von Dimitri Ignatow, Ivan Martinovic und David Mandic – konnte Melsungen bis zur 52. Minute auf 22:20 aufschließen. Auch Kay Smits’ Tor zum 23:20 konnte geantwortet werden – Augustin Casado markierte das 23:21 (54. Min.).

Warum wurde es dann in der Crunchtime nicht noch einmal ganz eng? Zumal Nebojsa Simic eine weiteres Mal gegen Kay Smits glänzte und im folgenden Angriff Elvar Örn Jonsson seinen Gegner “austanzte”, aber per Foul an einem erfolgreichen Abschluss gehindert wurde. Wer nun auf Melsunger Seite den Siebenmeterpfiff gewartet hatte, sah sich enttäuscht. Die Referees ließen das Spiel weiterlaufen. Der SCM bedankte sich für den Ballbesitz mit dem 24:21 (55.) durch Christian O’Sullivan, der bis dahin kaum gespielt hatte. Die MT konterte, Arnar Freyr Arnarsson versenkte das Spielgerät zum 24:22. Bennet Wiegert sah Unheil aufziehen und unterbrach per Timeout-Buzzer.

Nach Wiederanpfiff setzte sich Magnus Saugstrup zum 25:22 durch. Und auch die MT erarbeitete sich im Gegenzug eine Chance vom Kreis. Gleb Kalarash traf unter arger Behinderung nur den Pfosten. Hätte man diese Attacke der Magdeburger Abwehr ahnden können oder müssen? Auslegungssache!

Die Nordhessen wollen sich aber auch jetzt, knapp drei Minuten vor Ultimo, noch nicht geschlagen geben. Nebojsa Simic pariert Gisli Kristjanssons Wurf, Melsungen geht nach vorn. Der Angriff endet jedoch schnell, weil ein aufmerksamer Magdeburger Abwehrspieler Elvar Örn Jonsson den Ball aus der Hand spitzelt. Den daraus resultierenden Vorstoß nutzt Michael Damgaard zum 26:22. Die verbleibenden zwei Minute reichen der MT nun nicht mehr aus, um den SCM von der Siegerstraße abzubringen. Die beiden letzten Tore, eines auf jeder Seite, sind nur noch Kosmetik zum 27:23-Endstand.

Melsungen kann aufgrund der kämpferischen Einstellung und der Tatsache, auch bei zum Teil deutlich Rückständen nicht aufgesteckt zu haben, die GETEC Arena erhobenen Hauptes verlassen. Auch wenn die Anstrengungen wie schon zuletzt gegen Berlin kein Happy End gefunden haben.

MT-Kapitän Kai Häfner nach dem Spiel:

Wir haben es nicht geschafft, noch näher ranzukommen. Dann wäre sicherlich mehr drin gewesen. Wir hatten mit Simo (Anmerk. Nebojsa Simic) im Tor einen Super-Rückhalt, aber auch auf der anderen Seite stand mit Mike Jenssen ein Keeper, der uns große Sorgen bereitet hat. Trotz dieser Niederlage geht unsere Leistung in die richtige Richtung.  Jetzt steht für viele aus unserer Mannschaft erstmal die Länderspielwoche auf dem Plan, auf die wir uns sehr freuen. Von der kehren hoffentlich alle gesund zurück und dann schauen wir weiter.

SC Magdeburg – MT Melsungen 27:23 (15:12)

SCM: Jensen (1.-60. Min.; 13 Paraden, 23 Gegentore), Portner (n.e.) – Meister 2, Chrapkowski, Ruddat, Kristjansson 3, Pettersson, Hornke 2, Weber 3, Mertens, Saugstrup 3, O’Sullivan 3, Bezjak 1, Smits 8/5, Damgaard 2 – Trainer Bennet Wiegert.

MT: Simic (1.-60. Min.; 15 Paraden / 26 Gegentore), Morawski (bei einem Siebenmeter; 0 P. / 1 G.) – Malasinskas, Casado 2, Ignatow 1, Beekmann, Ohl, Drosten 1, Jonsson 2, Arnarsson 6, Gomes 2, Kalarash 2, Häfner 3, Hörr, Fuchs, Martinovic 2/1, Mandic 2 – Trainer Roberto Garcia Parrondo.

Schiedsrichter: Fabian Baumgart (Neuried) / Sascha Wild (Offenburg)

Zeitstrafen: 2 Min. – 12 Min. (Saugstrup, 39:52 Min. – Ignatow, 08:58 Min.; Arnarsson, 17:11,
10:33; Jonsson, 24:39; Mandic, 40:52; Kalarash, 49:21)

Strafwürfe: 5/6 – 1/1 (Smits scheitert an Simic, 39:22 Min.)

Zuschauer 5.805, GETEC Arena Magdeburg

Die nächsten Spiele:
Mi., 19.10.22, 19:30 Uhr, HC Erlangen – MT Melsungen (DHB-Pokal), Hiersemann-Halle Erlangen    
So., 23.10.22, 16:05 Uhr, MT Melsungen – HSG Wetzlar, Rothenbach-Halle Kassel