Mitreißende MT ringt Wetzlar nach hartem Kampf auf der Zielgeraden nieder

Mit einer kämpferisch grandiosen Leistung hielt sich die MT Melsungen im Hessenderby der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga gegen die HSG Wetzlar schadlos und fuhr mit einem 21:19 (11:10)-Sieg ihre Punkte fünf und sechs der laufenden Saison ein. Vor 3.319 Zuschauern in der Kasseler Rothenbach-Halle dominierten auf beiden Seiten die Abwehrreihen und glänzten die Torhüter. Insgesamt 29 Paraden brachten Nebojsa Simic (16) und Till Klimpke (13) zusammen in die Statistik ein, eine weitere Anadin Suljakovic. Das erklärt die magere Torausbeute hinreichend. So genügten Kai Häfner fünf erfolgreiche Abschlüsse, um zum treffsichersten MT-Schützen zu avancieren. Gar nur je viermal waren für die HSG Lenny Rubin und Emil Mellegard erfolgreich.

So sehen Sieger aus: Nebojsa "Simo” Simic, mit 16 Paraden einer der Erfolgsgaranten im Hessenderby – Foto: A. Käsler.

Mit der Empfehlung von drei Siegen am Stück liefen die Mittelhessen in der Rothenbach-Halle auf: deutliche Ligasiege in Hamm und gegen Stuttgart sowie einer im DHB-Pokal zu Hause gegen Balingen. Von den Zahlen zwar weniger imposant das Heimteam, das aber nach ansprechenden, nur leider nicht belohnten, Auftritten gegen die Spitzenteams aus Berlin und Magdeburg unter der Woche im Pokal mit einem Auswärtssieg in Erlangen ebenfalls in die nächste Runde einzogen. Aufstrebende Tendenz also in beiden Lagern und die richtige Würze als Grundlage für das prestigeträchtige Hessenderby.

Entsprechend nervös waren auch alle auf dem Feld. Melsungen geriet beim ersten Angriff ins passive Spiel, ging aus diesem aber dank David Mandic trotzdem mit der ersten Führung heraus. Wetzlar vertändelte das Leder sofort im Aufbau, doch erneut Mandic zielte beim Tempogegenstoß zu hoch. Noch einmal patzte die HSG, ehe Dimitri Ignatow den zweiten Konter wieder erfolgreich zum 2:0 abschloss. Erst im dritten Versuch durften die Gäste erstmals jubeln, nachdem Emil Mellegard noch in der gleichen Spielminute zum Anschluss getroffen hatte.

Als erstes fing sich die Melsunger Deckung. Wach und aktiv hielten sie die Angreifer auf Distanz, halfen sich gegenseitig und machten die Wege zum Tor dicht. Als dankbarer Abnehmer für gewonnene Bälle erwies sich Dimitri Ignatow, der zum 4:2 (8.) bereits seinen zweiten Gegenstoß versenkte. Auch Nebojsa Simic meldete sich zum Dienst und parierte gleich mal einen Siebenmeter von Lukas Weissgerber. Sein Gegenüber brauchte fast zwölf Minuten, um beim Wurf von Elvar Örn Jonsson erstmals in Erscheinung zu treten. Gerade vorher hatte Erik Schmidt auf 4:3 verkürzt (11.). Tore blieben also Mangelware. Nebojsa Simic blieb im Fokus, zeigte eine gute Aktion nach der nächsten. Auch das zweite Duell mit Lukas Weissgerber von der Linie ging an den Montenegriner (17.), dazwischen lagen drei weitere Glanztaten.

Dass sich das nicht im Ergebnis niederschlug, war der mittlerweile besseren Reaktion Wetzlars bei Abprallern geschuldet, aber auch ansteigender Leistungskurve von Till Klimpke. Weil vorn Lenny Rubin das Visier gerichtet hatte und zuverlässig traf, waren die Gäste nach dessen drittem Tor auf 7:6 dran (19.). Und als Klimpke spektakulär gegen Ivan Martinovic parierte, ließ sich im Gegenzug Vladan Lipovina die Chance zum Ausgleich nicht nehmen (22.). Dass Lenny Rubin (zweimal) und Emil Mellegard das Ergebnis nicht drehten, lag an den Paraden sieben bis neun von Simic. Und mit der elften(!), erneut gegen Rubin, rettete er praktisch zeitgleich mit der Sirene die knappe MT-Führung, die kurz zuvor auf das Konto von Gleb Kalarash gegangen war.

Der Start in den zweiten Durchgang misslang den Gastgebern dann jedoch gründlich. Sicherte zunächst noch die Abwehr mit einem reaktionsschnellen Dimitri Ignatow das Leder lief vorn nur wenig zusammen. Zweimal war Till Klimpke Endstation, einmal ging die Kugel schon vor dem Abschluss verloren, einmal glatt neben das Tor. Nur weil auch Simic da weitermachte, wo er in der ersten Halbzeit aufgehört hatte und die HSG ebenfalls einige Möglichkeiten liegen ließ, kippte die Partie nicht völlig. Dennoch reichte es, um den ersten Führungswechsel des Tages zu erzielen: Emil Mellegard traf nach Kempa-Zuspiel von Domen Novak zum 11:12 (37.). Erst nach acht langen Minuten meldete sich die MT durch Ivan Martinovic per Siebenmeter und dem 12:12 auf der Anzeigetafel zurück.

Tore hatten also auch nach dem Seitenwechsel Seltenheitswert. Beide abwehrreihen leisteten Schwerstarbeit, die jedoch größtenteils erfolgreich. Einen Tick besser, weil aufmerksamer, waren in dieser Phase die Weiß-Grünen. Und erfolgreicher im Vorwärtsgang sowieso, weil die Bank stach. Hendrik Wagner, Domen Novak und Jovica Nikolic hatten in der ersten Hälfte kaum bis gar nicht gespielt, trafen nun aber. Novak sogar gleich zweimal hintereinander zum 14:16 (44.). Das gelang immerhin auch MT-Kapitän Kai Häfner und Ivan Martinovic glich mit seinem dritten verwandelten Siebenmeter zum 16:16 aus (46.).

Auch zehn Minuten vor Schluss war noch Gleichstand, es gab sogar die Möglichkeit zum Führungswechsel. Roberto Garcia Parrondo hatte es mit dem siebten Feldspieler versucht und Andre Gomes auch prompt eine Lücke in der gestressten Wetzlarer Deckung gefunden. Hinter der stand jedoch noch Till Klimpke und rettete das Remis. Temporär zumindest, denn der nächste Versuch von Agustin Casado passte: 19:18 (53.). Auch als Gleb Kalarash die dritte Zeitstrafe und damit die Disqualifikation kassierte, behielt Rot-Weiß die Übersicht. Erst hinten, wo Radojica Cepic in einen technischen Fehler gezwungen wurde, dann vorn, wo der vollkommen freie Kai Häfner von Agustin Casado zum 20:18 (56.) gefunden wurde. Wetzlar zeigte Nerven, Dimitri Ignatow nicht: 21:18 (58.) – die Vorentscheidung in einem packenden Hessenderby, das Erik Schmidt mit seinem Tor zum Endstand abschloss.

Stimmen zum Spiel

Roberto Garcia Parrondo: Wir sind sehr glücklich über diesen Sieg. Wetzlar hat richtig gut gekämpft; nein, eigentlich haben beide Mannschaften sehr gut gekämpft. Für die Zuschauer war das heute eine gute Show. Für uns war es sicher eine der bisher besten Leistungen diese Saison.

Benjamin Matschke: Glückwunsch an Roberto und die MT Melsungen zum hart erkämpften Sieg. Es war ein hitziges, kämpferische starkes Derby. Für uns schwierig aufgrund von kurzfristigen Ausfällen. Die vier Zeitstrafen schon in der ersten Halbzeit haben es nicht einfacher gemacht, so dass wir insgesamt viel improvisieren mussten. In den letzten Minuten haben Kleinigkeiten entschieden, leider nicht für uns.

MT Melsungen – HSG Wetzlar 21:19 (11:10)

MT Melsungen: Simic (16 Paraden / 19 Gegentore), Morawski (n. e.); Malasinskas – Casado 2, Ignatow 3, Ohl, Drosten, Jonsson 2, Arnarsson 1, Gomes 3, Kalarash 1, Häfner 5, Hörr, Fuchs, Martinovic 3/3, Mandic 1 – Trainer Roberto Garcia Parrondo.

HSG Wetzlar: Klimpke (13 P. / 18 G.), Suljakovic (1 P. / 3 G.) – Lipovina 2, Schmidt 3, Nikolic 2, Becher, Weissgerber, Fredriksen, Wagner 2, Mellegard 4, Cepic, Rubin 4, Novak 2/1 – Trainer Benjamin Matschke.

Strafwürfe: 3/3 – 1/3 (Weissgerber scheitert jeweils an Simic, 08.38 Min. und 16:11 Min.).

Zeitstrafen: 6 Min. – 10 Min. (3x Kalarash, Disqualifikation, 53:34 Min. – 2x Schmidt, Mellegard, Rubin, Novak.

Schiedsrichter: Ramesh Thiyagarajah (München) / Suresh Thiyagarajah (Köln).

Zuschauer: 3.319, Rothenbach-Halle Kassel

Die nächsten Spiele:
Do., 27.10.22, 19:05 Uhr, ASV Hamm-Westfalen – MT Melsungen, WESTPRESS Arena Hamm
Do., 03.11.22, 19:05 Uhr, MT Melsungen – VfL Gummersbach, Rothenbach-Halle Kassel