Aidenas Malasinskas war gegen die Löwen Lenker und Vollstrecker in Personalunion: Mit acht Treffern, davon fünf per Siebenmeter, war er bester MT-Schütze – Foto: H. Hartung.

So langsam lichtet sich das Lazarett der MT Melsungen, erstmals seit seiner in Leipzig erlittenen Verletzung stand Ivan Martinovic wieder im Kader, für ihn wich gegenüber dem Minden-Spiel vor Wochenfrist Jan Waldgenbach. Im Tor begann erneut Adam Morawski, denn Nebojsa Simic hatte im Vorfeld leichte Erkältungsprobleme. Ganz ohne Ausfälle ging die Saison auch bei den Löwen bisher nicht ab, es fehlten weiter die Langzeitverletzten Uwe Gensheimer, Halil Jaganjac und Niklas Michalski. Unter dem Strich also mehr oder weniger ähnliche Voraussetzungen, die für ein interessantes, spannendes Pokalspiel sprachen.

Und genau so stellten sich die ersten Spielminuten auch dar: sehr intensiver, harter, aber fairer und temporeicher Handball wurde geboten. Beginnend mit leichten Vorteilen für die Hausherren, für die sich Aidenas Malasinskas sofort in der ersten Minute sprichwörtlich mit dem Kopf durch die gelb-schwarze Wand arbeitete und zur Führung einwarf. Allerdings dauerte es lediglich knappe 150 Sekunden und zwei Paraden des Ex-Melsungers Mikael Appelgren gegen Dimitri Ignatow und Kai Häfner, da gelang Benjamin Helander schon das 1:2 und damit die erste Gästeführung (4.).

Bei der blieb es erst einmal, jedoch bei vollkommener Ausgeglichenheit auf dem Feld in jedweder Hinsicht. Beide schenkten sich nichts und blieben sich auch nichts schuldig. Bis zum 5:5 durch Agustin Casados 5:5 (9.) blieb alles pari. Erst als Casado die erste Strafe der Partie kassierte, spielten sich die Gäste etwas frei. Kamen durch ein sehenswertes Rückhand-Tor von Albin Lagergren und einen Treffer von Patrick Groetzki mit 5:7 (11.) zur ersten Zwei-Tore-Führung und hatten in Mikael Appelgren den in dieser Phase um Nuancen besseren Torhüter zwischen den Pfosten. Das genügte, um über zwei Erfolge durch Jannik Kohlbacher auf 6:9 zu stellen (14.).

Wie eng die Begegnung tatsächlich war, zeigte sich, als Jannik Kohlbacher ebenfalls raus musste. Sogleich kehrten sich die Verhältnisse und Gleb Kalarash ins verlassene Löwen-Tor sowie Elvar Örn Jonsson mit Blitzreaktion nach Appelgren-Parade schafften den Anschluss zurück auf 9:10 (17.). Es wurde noch eine Spur härter, es wurde noch hitziger auf dem Spielfeld. Woran die Referees nicht ganz unschuldig waren, denn es waren durchaus kniffelige Entscheidungen zu treffen, die überwiegend gegen die MT ausfielen und von den Löwen eiskalt genutzt wurden. Da tat es gut, dass Adam Morawski beim Tempogegenstoß von Jannik Kohlbacher auf dem Posten war und beim Stand von 9:12 mit einer Monsterparade glänzte (22.).

Es nutzte nichts, die Melsunger hatten sich sichtlich von diesen Minuten beeinflussen lassen. Das machts sich in mehreren leichtfertigen und vollkommen überflüssigen Ballverlusten im Angriff bemerkbar. Denn obwohl Morawski mittlerweile die Nase gegenüber Appelgren vorn hatte, wuchs der Vorsprung der Gäste an. Gleich zweimal setzte Arnar Freyr Arnarsson freie Bälle per Aufsetzer über die Latte, auf der Gegenseite trafen Olle Forsell Schefvert und Patrick Groetzki: 10:16 (27.). Und weil Mikael Appelgren an alter Wirkungsstätte nicht hintenanstehen wollte, parierte er spektakulär gegen Gleb Kalarash, der kurz darauf auch nochmal den Pfosten anvisierte. Bis zum Halbzeitpfiff hielten die Löwen ihren Vorsprung konstant.

Nach dem Seitenwechsel kam Nebojsa Simic für Adam Morawski, hatte aber sofort gegen Olle Forsell Schefvert das Nachsehen. In der Vorwärtsbewegung lief es dafür besser, verkürzte Ben Beekmann auf 14:19 (32.). Aidenas Malasinskas leistete sich zwar einen an den Pfosten gesetzten Siebenmeter, schnappte sich dann aber den Abpraller und vollendete mit Verspätung zum 15:20 (34.). Kurzzeitig waren es dann sogar mal sieben Tore Rückstand, die Dimitri Ignatow und Andre Gomes jedoch schnell wieder den alten Abstand verkürzten. Und als sich Ben Beekmann das Leder einfach aus dem laufenden Angriff der Löwen „pflückte“ und den Gegenstoß selbst erfolgreich lief, war die MT plötzlich nur noch vier hinten (19:23, 40.).

Dass es nicht noch knapper wurde, hatten sich die Nordhessen selbst zuzuschreiben. Zwar bauten sie über das taktische Mittel des siebten Feldspielers viel Druck auf, doch unterliefen weiterhin zu viele Stockfehler. Wie das misslungene No-Look-Anspiel von Agustin Casado auf Arnar Freyr Arnarsson, das Patrick Groetzki zum 19:25 (42.) ins leere Tor nutzte. Auch die Volksseele auf den Rängen kochte weiter, weil das 21:28 (45.) dem bereits vierten Siebenmeter von Juri Knorr nach der Halbzeit entsprang. Doch das war nicht der Grund, warum Melsungen sich Mitte der zweiten Hälfte immer weiter vom Einzug in die nächste Pokalrunde entfernte. Zu vielen Fehlern gesellte sich immer wieder auch Pech, wie bei Dimitri Ignatows tollem Heber, der vom Innenpfosten zurück ins Feld sprang oder dem nächsten Pfosten (21:30, 47.).

Zehn Minuten vor dem Ende war die Partie praktisch entschieden, mussten die Löwen nicht mehr allzu viel tun für ihren Viertelfinaleinzug. Entsprechend locker gingen sie die Endphase an, konnten aber auch zu jeder Zeit auf Mikael Appelgren zählen. Der fischte sich noch zwei Bälle, ehe er mit 13 Paraden auf dem persönlichen Konto Platz machte für David Späth. Anbrennen konnte da schon nichts mehr für die Gäste, die auch den Rest der Zeit ruhig und routiniert über die Bühne brachten. Erwähnenswert war allenfalls, dass die Siebenmeter für die MT fast in Serie kamen, als es schon zu spät war. Aidenas Malasinskas verwandelte noch derer drei in Folge, was jedoch an der klaren Niederlage und dem Ausscheiden der MT aus dem diesjährigen DHB-Pokal nichts mehr änderte.

Stimmen zum Spiel

Roberto Garcia Parrondo: Gratulation an die Rhein-Neckar Löwen zum Sieg und zum Erreichen des Viertelfinales. Wir sind natürlich enttäuscht, dass wir für dieses Jahr raus sind aus dem Pokal. Heute war es für uns fast unmöglich, Jannik Kohlbacher zu stoppen. Und im Angriff hatten wir in der ersten Hälfte eine Phase, wo von sechs Würfen in Folge fünf nicht drin waren. So kam dann der klare Abstand zustande. Aber ich möchte heute auch zu unseren Fans etwas in Deutsch sagen. Das war bestimmt nicht unser bestes Spiel, aber ich möchte unseren Fans für ihre trotzdem unermüdliche Unterstützung danken.

Sebastian Hinze: Ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen, wie sie unseren Plan abgearbeitet hat. Das war eine super Mentalität, alle haben alles reingeworfen. Wir sind im gebundenen Spiel gut reingekommen, hatten hinten anfangs aber einige Probleme in der Nahwurfzone Melsungens. Zur Pause waren es gefühlt eher drei Vorsprung, aber die Melsunger haben viel liegen gelassen und das haben wir dann natürlich mitgenommen. Anfang der zweiten Hälfte gab es ein paar überhastete Würfe und zur Mitte hin kam die MT nochmal ran. Aber meine Mannschaft hat das gut nach Hause gebracht.

MT Melsungen – Rhein-Neckar Löwen 28:36 (12:18)

MT Melsungen: Morawski (7 Paraden / 18 Gegentore), Simic (4 P. / 18 G.); Kühn, Malasinskas 8/5, Casado 3, Ignatow 2, Moraes, Beekmann 2, Drosten, Jonsson 6, Arnarsson 2, Gomes 1, Kalarash 2, Häfner 2, Fuchs, Martinovic - Trainer Roberto Garcia Parrondo.

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren (13 P. / 24 G.), Birlehm (bei einem Siebenmeter, 0 P. / 1 G.), Späth (2 P. / 3 G.); Kirkeløkke 3, Timmermeister, Knorr 8/6, Helander 4, Móré, Lagergren 3, Groetzki 6, Schefvert 2, Horzen 1, Gislason, Nilsson 3, Schwarzer, Kohlbacher 6 - Trainer Sebastian Hinze.

Schiedsrichter: Ramesh Thiyagarajah (München) / Suresh Thiyagarajah (Köln)

Zeitstrafen: 6 – 4 Minuten (Casado 8:43, Jonsson 34:16, Ignatow 49:51 - Kohlbacher 14:26, Gislason 29:38).

Strafwürfe: 6/5 – 6/6 (Malasinskas an den Pfosten 33:23)

Zuschauer: 4.406 in der Rothenbach-Halle, Kassel

Das nächste Spiel:
MT Melsungen – TBV Lemgo Lippe, Mo., 26.12.22, 18:00 Uhr, Rothenbach-Halle Kassel