MT gegen Leipzig 22:22 – Am Ende war es gerecht

Im direkten Duell zweier Anwärter auf einen Europapokal-Platz hat es die MT Melsungen versäumt, seinen Verfolger SC DHfK Leipzig zu distanzieren. Im Gegenteil entführten die Messestädter nach spannendem Spielverlauf beim 22:22 (13:12) einen wertvollen Punkt aus Nordhessen. Mit fünf Toren hatten die Gastgeber nach der Anfangsviertelstunde bereits geführt, doch diesen Vorsprung machten die Gäste bis zur Pause fast wieder wett. Im zweiten Durchgang schenkten sich beide Teams nichts mehr und lieferten sich ein packendes Kopf-an-Kopf-Rennen bis in die Schlusssekunden. Mit fünf Toren war Kapitän Kai Häfner erfolgreichster Schütze der MT, bei Leipzig traf Sime Ivic ebenfalls fünfmal.


Kai Häfner setzt sich durch: Der Kapitän war mit fünf Treffern bester MT-Schütze – Foto: A. Käsler.


Bis auf die Langzeitverletzten Finn Lemke und Domagoj Pavlovic hatte die MT nach der mit einem Rumpfteam bestrittenen Minden-Partie wieder einen gut gefüllten, wenn auch noch nicht wieder auf vollen Akkus laufenden Kader beisammen. Ähnlich bei den Gästen, die auf die Dienste von Luca Witzke und Lovro Jotic verzichten mussten. Die Startformation ähnelte dennoch der vor Wochenfrist, allerdings mit einer doch überraschenden Veränderung: für den zuletzt überragenden Nebojsa Simic stand Silvio Heinevetter zwischen den Pfosten. Der musste zweieinhalb Minuten warten, bis nach je zwei erfolglosen Angriffen beiderseits Gleb Kalarash die erste Führung glückte. Und danach sofort hinter sich greifen, weil Lukas Binder ausgeglichen hatte (3.).

Melsungen tat sich zunächst schwer im Vorwärtsgang. Zwar traf Tobias Reichmann per Siebenmeter, dafür scheiterten Julius Kühn und Kai Häfner am jeweils glänzend reagierenden Kristian Saeveras. Ohne dass Leipzig das hätte nutzen können. Weil auch Heinevetter prima gegen Lukas Binder und Marko Mamic hielt, vorn aber Kai Häfner als erster Schütze die vornehme Zurückhaltung ablegte und gleich dreimal in Folge vollstreckte. Als Heinevetter auch Simon Ernst entzaubert hatte und Timo Kastening per Dreher ins kurze Eck auf 6:2 stellte, war André Habers erste Auszeit schon früh fällig (10.).

Spätestens nach Heinevetters Monsterparade gegen Maciej Gebala vom Kreis war klar, dass Roberto Garcia Parrondo in Sachen Keeper das richtige Händchen bewiesen hatte, zumal gleich darauf einmal mehr Binder nicht am mit „Heine, Heine“-Sprechchören bedachten Schlussmann vorbei kam. Andre Gomes löste Julius Kühn ab, stieg höher als die Abwehr sich hätte recken können und das Netz hinter Saeveras beulte sich. Kastening legte nach: 8:3 (15.). Die MT war mittlerweile voll drin im Spiel, Leipzig noch immer nicht angekommen.



Er brachte die Leipziger Angreifer ein ums andere Mal zur Verzweiflung – Am Ende verbuchte er 15 Paraden: Silvio Heinevetter – Foto: A. Käsler.

Was bei den Nordhessen vorn bereits gut lief, fehlte hinten. Nämlich oft genug der Zugriff auf den Ballführenden. Die Ostdeutschen hatten viel Zeit, den jeweils bestpostierten Mitspieler zu finden, selbst wenn schon längst passives Spiel angezeigt war. Und als sich vorn nun auch vermehrt Fehler einschlichen, war das die perfekte Einladung für den SC DHfK. Tot um Tor holten sie auf, ließen sich dabei auch von Zeitstrafen nicht beirren. Hätte Heinevetter nicht zwei weitere Paraden ausgepackt, wäre mehr passiert als „nur“ der 10:9-Anschluss von Sime Ivic per Siebenmeter (24.).

Melsungen überstand diese kritische Phase nicht nur, sondern nutzte die bereits dritte Hinausstellung der Gäste, diesmal hatte es Jonas Hönicke getroffen, um wieder ein wenig wegzuziehen. Folgerichtig über Andre Gomes, der für mächtig viel Betrieb in der weiß-grünen Hintermannschaft sorgte, und Elvar Örn Jonsson, nach dessen Einzelleistung es plötzlich doch wieder 13:10 stand (27.). Weil aber Arnar Freyr Arnarsson kurz darauf schon zum zweiten Mal raus musste, drohte es erneut enger zu werden. Das verhinderte Silvio Heinevetter zunächst mit seiner schon neunten Abwehr gegen Simon Ernst, aber mit der Halbzeitsirene verkürzte Patrick Wiesmach doch noch auf 13:12 (30.).

Hätte zum Auftakt der zweiten Hälfte nicht Gleb Kalarash zentral stark gegen Jonas Hönicke geblockt, wäre womöglich sofort wieder alles pari gewesen. So dauerte es zweieinhalb Minuten, bis das Maciej Gebala erledigte: 13:13 (33.). Leipzig hatte die anfänglich fünf Tore Rückstand aufgeholt, verpasste aber die erste Führung des Abends durch einen Fehlpass auf Halbrechts. Stattdessen half Julius Kühn seinem Team aus der Patsche: 15:14 (37.). Es war nach Wiederbeginn das berühmte „Duell auf Augenhöhe“, was sich beide Mannschaften lieferten. Kaum hatte Sime Ivic per Strafwurf ausgeglichen, schlug andre Gomes wieder zu und holte mit 16:15 die nächste Führung der Hausherren (39.).

Nach Timo Kastenings 17:15 (41.) reagierte André Haber. Nahm seine zweite Auszeit und stellte Mohames Esam El-Tayar zwischen die Pfosten. Der war an den folgenden Aktionen zwar eher unbeteiligt, aber seine Vorderleute hatten frischen Elan getankt. Simon Ernst verkürzte und die Abwehr blockte erfolgreich. Was Roberto Garcia Parrondo zum Mittel des siebten Feldspielers greifen ließ. Erfolgreich, denn Marino Maric als zweiter Kreisläufer generierte sofort einen Siebenmeter. Den Tobias Reichmann allerdings nicht an El-Tayar vorbei brachte. Dafür konterte Kai Häfner den Ausgleich von Oskar Sunnefeldt nach sehenswertem Kempa-Anspiel, ehe Arnar Freyr Arnarsson beim Stand von 18:17 die dritte Zeitstrafe, und damit die Rote Karte, kassierte (46.).

Es war reichlich Aktion auf dem Spielfeld in der Rothenbach-Halle, und das auf beiden Seiten. Wieder einmal hatte Leipzig die Chance zur Führung, abermals scheiterte Patrick Wiesmach im Tempogegenstoß am brillanten Silvio Heinevetter. Der nächste Versuch des Rechtsaußen saß dann wieder zum 19:19 (50.). Zehn Minuten vor dem Ende war weiter alles offen. Und während Melsungen in Person von Kai Häfner an Mohamed Esam El-Tayar scheiterte, unterlief Leipzig im Vorwärtsgang der nächste technische Fehler. Dafür sah Marko Mamic die ausgestreckten zwei Finger der Referees und Yves Kunkel machte das 20:19 (53.). Es sollte einfach (noch) nicht sein für die Gäste.

Den Sack zu machen wollten die Hausherren aber irgendwie auch nicht. So schön der Kempa-Pass von Timo Kastening auf Yves Kunkel auch gedacht war, so unerreichbar war er für den Linksaußen. Wieder wechselte der Ballbesitz, wie auch nach Oskar Sunnefeldts Ausgleich durch einen technischen Fehler von Julius Kühn. Den schließlich viereinhalb Minuten vor Schluss Marko Mamic im Tempogegenstoß zur ersten Leipziger Führung nutzte: 20:21 (56.). Damit war das vorherige Spielgeschehen auf den Kopf gestellt, nun musste Melsungen hinterherlaufen. Als Tobias Reichmann seinen zweiten Siebenmeter des Abends gegen Mohamed Esam El-Tayar vergab und Andre Gomes sich einen Schrittfehler erlaubte, war die Bahn frei für Lukas Binder. Der jedoch scheiterte an Silvio Heinevetter und überließ damit Julius Kühn den letzten Treffer des Abends zum letztlich leistungsgerechten Remis.

Stimmen zum Spiel

Roberto Garcia Parrondo: Glückwunsch an André und Leipzig zum Punkt. Das war für uns ein sehr enges und schweres Spiel. Ich bin sehr zufrieden mit den ersten 15 Minuten, da haben wir sehr gut gespielt, sowohl in der Abwehr als auch im Angriff. Aber wir haben trotzdem unsere Konzentration nicht gefunden und im Anschluss viele Fehler gemacht. Einige Spieler hatten auch noch Probleme aus der vergangenen Woche. Was keine Entschuldigung sein soll, denn jeder hat sein Bestes gegeben. Mit der Einstellung war ich heute zufrieden.

André Haber: Ebenfalls Gratulation zum Punkt an Roberto und Melsungen. Das war ein enges, kampfbetontes Spiel, dominiert von den Torhütern und Abwehrreihen. Folgerichtig haben wir uns im Angriff schwer getan und eine Menge Chancen liegen gelassen. Insgesamt ist das Unentschieden in Ordnung. Melsungen war zwar die meiste Zeit in Führung, aber wir haben uns immer wieder gut zurückgekämpft. In jedem Fall bin ich mit diesem Unentschieden heute wesentlich zufriedener als ich es mit dem zuletzt in Minden war.

MT Melsungen – SC DHfK Leipzig 22:22 (13:12)

MT Melsungen: Heinevetter (15 Paraden / 22 Gegentore), Simic (n. e.); Maric, Kühn 3, Reichmann 2/2, Kunkel 1, Jonsson 2, Arnarsson, Allendorf 1, Gomes 4, Kalarash 1, Häfner 5, Hörr, Petersson, Kastening 3, Kuntscher - Trainer Roberto Garcia Parrondo.

SC DHfK Leipzig: Saeveras (8 P. / 17 G.), El-Tayar (4 P. / 5 G.); Wiesmach 4, Ernst 2, Krzikalla, Binder 2, Mamic 1, Ivic 5/2, Remke, Sunnefeldt 2, Gebala 2, Milosevic 2, Esche 1, Hönicke 1 - Trainer André Haber.

Schiedsrichter: Marcus Hurst (Berlin) / Mirko Krag (Frankfurt)

Zeitstrafen: 6 – 10 (Arnarsson 21:20 27:40 45:09 - Gebala 19:48, Milosevic 21:39, Hönicke 25:26, Mamic 51:58, Ivic 59:50)

Disqualifikation: Arnarsson (MT; 3x2 Minuten 45:09)

Strafwürfe: 4/2 – 2/2 (Reichmann scheitert an El-Tayar 43:43, Reichmann scheitert an El-Tayar 57:52)

Zuschauer: 1.347 in der Rothenbach-Halle, Kassel.

Die nächsten Spiele:
HBL, Do., 03.03.22, 19:05 Uhr, MT Melsungen – HSV Hamburg, Rothenbach-Halle Kassel
DHB, So., 06.03.22, 18:30 Uhr, TBV Lemgo Lippe – MT Melsungen,  Phoenix Contact Arena Lemgo