MT landet Derbysieg – deutlich und verdient

Mit 33:25 gewann die MT Melsungen am Sonntagnachmittag das Hessenderby bei der HSG Wetzlar. Schon mit der 16:7-Führung nach den ersten 30 Minuten deuteten die Nordhessen an, dass sie mit aller Macht die beiden vorangegangenen sieglosen Auftritte gegen Erlangen und Minden vergessen machen wollten. Mit einer für Melsunger Verhältnisse relativ offensiv interpretierten 6:0-Abwehrformation kauften Lemke & Co – unterstützt von einem hellwachen Torhüter Silvio Heinevetter – den Hausherren schnell den Schneid ab. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten in den ersten fünf Minuten im Angriff klappte es auch dort dann immer besser und die Tore fielen praktisch wie reife Früchte. Auch wenn angesichts des klaren Vorsprungs das Spiel in den letzten 10 Minuten etwas verflachte, gelang es dem Gudmundsson-Team, einen deutlichen Vorsprung über die Ziellinie zu bringen und einen auch in dieser Höhe verdienten Sieg mit nach Hause zu nehmen. Beste Torschützen in der pandemiebedingt leeren Wetzlarer Rittal-Arena waren Timo Kastening (7/2) für die MT und Stefan Cavor (5) für die HSG.

Aufgrund der frühen Anwurfzeit am Sonntag, 13:30 Uhr, war das Team der MT Melsungen bereits am Samstag nach Mittelhessen gereist. Trainer Gudmundur Gudmundsson hatte alle Mann an Bord, konnte also in Bestbesetzung in sein zweites Hessenderby gehen. Und das mit einem weiteren guten Omen: Mit dem Isländer als neuen Coach hatte die MT Anfang März auch das Derby der vergangenen Saison gewonnen. Am Sonntag hatte er schon vor dem Anwurf in der aufgrund hoher Inzidenzwerte in Mittelhessen in der für Zuschauer gesperrten Rittal-Arena im SKY-Interview gesagt, dass die MT einen klaren Plan und er persönlich ein gutes Gefühl habe.

Das sollten seine Schützlinge in den ersten Minuten des Spiels aber noch nicht ganz bestätigen. Denn der Angriffsformation mit Yves Kunkel, Julius Kühn, Domagoj Pavlovic, Kai Häfner, Timo Kastening und Arnar Arnarsson unterliefen in den beiden ersten Angriffen jeweils Fehler, was die Hausherren durch Rechtsaußen Kristian Björnsen zur 1:0-Führung nutzten.

Nichtsdestotrotz, die MT-Abwehr, in der Finn Lemke mit Arnar Arnarsson wie schon in den vorangegangenen Spielen den Mittelblock bildete, zeigte von Anfang an hohe Einsatzbereitschaft und stellte mit der für Melsunger Verhältnisse relativ offensiv interpretierten 6:0-Formation die Wetzlarer Angriffsreihe vor Probleme. Prächtige Unterstützung lieferte dahinter Silvio Heinevetter, dem Gudmundsson den Vorzug vor Nebojsa Simic gegeben hatte.

Nach Julius Kühns Ausgleich und einem von Max Holst verwandelten Strafwurf lieferte der bis auf die rechte Angriffsseite herübergerutschte Domagoj Pavlovic ein feines Eins-gegen-Eins und stellte auf 2:2. Knapp zwei Minuten später konnte Arnar Arnarsson am Kreis seinen Wurf trotz strafwurfreifer Behinderung vollenden, sein Ball landete aber unglücklich in Gesicht von HSG-Keeper Till Klimke. Den Siebenmeter verwandelte Timo Kastening zur ersten Melsunger Führung (2:3, 7. Min.).

Zweimal gelang es Wetzlars Olle Schefvert dann, die jeweilige Führung der Gäste zu egalisieren (3:3, 9. und 4:4, 10.), danach geben die Nordhessen mehr und mehr den Ton an. Und zwar mit einem beeindruckenden 6:0-Lauf. Den Anfang machte Julius Kühn mit einem Doppelschlag zum 4:5 und 4:6. Dann kaufte Silvio Heinevetter dem ansonsten sehr sicheren Siebenmeterschützen Maximilian Holst einen Strafwurf ab. Holst, offenbar verunsichert, scheiterte wenig später am Pfosten. Dazwischen hatte Kai Häfner aus dem Rückraum getroffen und Arnar Arnarsson – herrlich angespielt von Domagoj Pavlovic –  vom Kreis zum 4:8-Zwischenstand. Grund genug, für HSG-Trainer Kai Wandschneider, seine Schützlinge per Timeout zu “erlösen”. 

Was aber nicht die erhoffte Wirkung zeigte. Denn die MT zog beinahe unbeirrt weiterhin ihre Kreise. Regisseur Pavlovic, eben noch Passgeber, vollstreckte nun selber und Timo Kastening schloss einen schnellen Melsunger Vorstoß nach gekonnter Finte zum 4:10 (22.) ab. Derweil war Silvio Heinevetter weiterhin auf dem Posten, entschärfte den nächsten Wurf von Maximillian Holst und lenkte kurz darauf einen Schefvert-Ball an den Pfosten. Nachdem dieser dann nach rund 12 erfolglosen Minuten den Treffer zum 5:10 erzielte, gönnte auch Gudmundur Gudmundsson seinem Team eine einminütige Verschnaufpause.

Anschließend konnte Kristian Björnsen zwar ein weiteres Tor für die Gastgeber markieren, aber das war weniger als ein Aufblitzen. Denn schnell waren die Rotweißen wieder in der Spur und feuerten die nächste Treffersalve ab. Bis zum Halbzeitpfiff fielen im Minutentakt weitere sechs Tore wie reife Früchte, währenddessen für die praktisch zur Wirkungslosigkeit verurteilte Wetzlarer Offensivabteilung nur noch Lars Weissgerber einen Siebenmeter verwandeln konnte. Mit 7:16 gings in die Kabinen.



Zum zweiten Durchgang schickte Gudmundur Gudmundsson die gleiche Formation ins Rennen, wie zu Beginn des Spiels. Die musste aufgrund einer Zeitstrafe gegen Kai Häfner zunächst das 8:16 durch Lenny Rubin hinnehmen, errang dann aber durch einen Treffer von Julius Kühn und einen weiteren von Domagoj Pavlovic die erste 10-Tore-Führung für die Nordhessen (8:18, 34.). Dazwischen trug Silvio Heinevetter zu einer kuriosen Szene bei: Der MT-Keeper lenkte einen halbhohen Wurf von Olle Schefvert mit einem Reflex weiter nach oben, wo der Ball exakt im linken Torwinkel stecken blieb und somit die Torlinie nicht überquert hatte. Im folgenden Angriff versenkte Julius Kühn das Spielgerät ins verwaiste HSG-Gehäuse zum 8:19.

Im weiteren Verlauf sollten der MT jeweils noch drei 10-Tore-Führungen gelingen (11:21, 38.; 12:22, 40.;13:23, 41.), ehe der Vorsprung nahezu konstant bei acht, bzw. neun Toren bis zum Abpfiff gehalten werden konnte. Bis dahin hatten auch – bis auf Michael Allendorf – die Spieler Einsatzzeiten bekommen, die sich auf der Bank bereit gehalten hatten. Für Silvio Heinevetter ging Nebojsa Simic zwischen die Pfosten und vereitelte unter anderem einen von Lars Weissgerber geworfenen Siebenmeter. Für Kai Häfner kam Stefan Salger. Der musste wegen Trikotzupfen zunächst zwar schnell wieder für zwei Minuten raus, “revanchierte” sich dann aber mit zwei sauberen Sprungwurftoren. Seinen Kurzauftritt nutzte auch Ole Pregler, um sich für weitere Aufgaben zu empfehlen. Der Youngster gab zwei “tödliche” Pässe in die Nahwurfzone, die von Marino Maric und Yves Kunkel zum 21:30 und zum 22:31 verwandelt wurden.

Das Aufleuchten des 25:33-Endstands auf der Anzeigentafel der leeren Wetzlarer Rittal Arena dokumentierte die deutliche Überlegenheit des Gastes und ließ damit auch keinerlei Interpretationsspielraum zu. Die MT war glänzend auf die bis dato für Furore in der Liga sorgenden Mittelhessen eingestellt, hatte ihr Konzept der beweglichen 6:0-Abwehr durchgezogen und die zuletzt immer wieder gezeigte hohe Fehlerquote im Angriff auf ein absolutes Minimum reduziert.  Zudem war der unbedingte Wille, es besser machen zu wollen, als in den letzten beiden Spielen, nicht zu übersehen.

Gudmundur Gudmundsson zum Spiel:
Das war heute eine sehr gute Leistung. Schon die sieben Gegentore in der ersten Halbzeit haben gezeigt, dass wir an diesem Tage eine überragende Abwehr, einschließlich des Torhüters stellen. Im Nachhinein kann man sagen, dass das Spiel nach 30 Minuten praktisch gelaufen war. Aber wir haben es dabei nicht bewenden lassen, sondern uns auch in der zweiten Halbzeit weiter reingehängt. In der letzten Viertelstunde konnten wir dann noch einige Wechsel vornehmen. Wir hatten uns einen Plan zurecht gelegt, bei dem wir eine moderne, sehr bewegliche Abwehr spielen wollten. Das haben wir dann genauso umgesetzt. Natürlich haben wir im Training auch sehr intensiv unser Angriffsspiel analysiert, viele Einzelgespräche geführt. Die Art und Weise, wie wir in den letzten Tagen gearbeitet haben, hat mir dann für das heutige Spiel ein gutes Gefühl gegeben.

HSG Wetzlar – MT Melsungen 25:33 (7:16)

HSG Wetzlar: Klimpke (1.-7. Min., 13.-30. Min.; 5 Paraden / 12 Gegentore), Ivanisevic (8.-12. Min., 31.-60 Min.; 4 P. / 21 G.) – Feld 1, Srsen, Henningsson 1, Björnsen 2, Mirkulovski, Weissgerber 3/1,  Holst 1/1, Fredriksen, Forsell Schefvert 4, Gempp, Mellegard 4, Rubin 3, Lindskog 1, Cavor 5 – Trainer: Kai Wandschneider.

MT Melsungen: Heinevetter (1.-44. Min; 10 Paraden / 15 Gegentore), Simic (45.-60. Min.; 3 P. / 10 G.) – Maric 3, Kühn 6, Lemke, Reichmann 1/1, Kunkel 3, Mikkelsen, Danner, Arnarsson 1, Allendorf, Pregler, Häfner 5, Salger 2, Kastening 7/2, Pavlovic 5 – Trainer Gudmundur Gudmundsson.

Schiedsrichter: Nils Blümel / Jörg Loppaschewski (beide Berlin); DHB-Aufsicht: Wolfgang Jamelle.

Zeitstrafen: 8 Min. –  4 Min. (Feld, Henningsson, Schefvert, Lindskog – Salger, Häfner)

Strafwürfe: 2/5 – 3/3 (Holst scheitert an Heinevetter, 14. Min.; Holst trifft den Pfosten, 18.; Weissgerber scheitert an Simic, 53.)

Das nächste Spiel:
So., 01.11.20, 16:00 Uhr, MT Melsungen – HSG Nordhorn-Lingen, Rothenbach-Halle Kassel

Domba – hart im Nehmen: Der MT-Regisseur ließ sich auch von einem ausgeschlagenen Zahn (40. Minute) nicht ausbremsen!Alle Fotos: A. Käsler