Tabellenführer lässt sich nicht in Verlegenheit bringen

Der Trip nach Magdeburg war für die MT Melsungen alles andere als lohnenswert. Beim Tabellenführer der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga waren die wiederum in dezimierter Besetzung angereisten Nordhessen am Sonntag schlichtweg chancenlos. Die unterschiedlichen Kräfteverhältnisse zwischen dem Primus und dem Neunten ließen sich bereits anhand des 17:13-Halbzeitstandes erkennen. Vollständig offenkundig waren sie dann in der Schlussphase der Partie, als die Hausherren mit 10 Treffern vorne lagen. Der Endstand nach etwas Ergebniskosmetik lautete 33:26. Dennoch gab es mit dem Comeback von André Gomes nach achtwöchiger Verletzungspause und den beherzten Kurzeinsätzen der Youngster Manuel Hörr, Florian Potzkai, Florian Drosten und Rohat Sahin einige Lichtblicke im Melsunger Team. Beste Torschützen vor 5.606 Zuschauern in der GETEC Arena waren Ingi Magnusson (6/3) für den SCM und André Gomes und Kai Häfner (je 5) für die MT. Zum vorletzten Saisonheimspiel empfangen die Nordhessen am Donnerstag den TBV Lemgo Lippe (19:05 Uhr, Rothenbach-Halle Kassel).


Er ist wieder da: André Gomes meldete sich nach langer Verletzungspause (Mittelhandbruch) eindrucksvoll mit 5 Treffern zurück – Foto: A. Käsler.

Es war das wohl jüngste Aufgebot, welches die MT Melsungen in ein Bundesligaspiel geschickt hat. Aufgrund der verletzungsbedingten Ausfälle von Finn Lemke, Elvar Örn Jonsson, Timo Kastening, Marino Maric und Domagoj Pavlovic, hatte Trainer Roberto Garcia Parrondo vier Youngster der MT-Talents mit nach Magdeburg genommen: Manuel Hörr (Rückraum), Florian Potzkai (Rechtsaußen), Florian Drosten (Linksaußen), alle Jahrgang 2004 (!), und Rohat Sahin (Kreis), Jahrgang 2002. Alle vier kamen in der Schlussphase zu Kurzeinsätzen, spielten in der aufgeladenen Atmosphäre der fast ausverkauften GETEC Arena unbekümmert auf und trugen sich sogar mit insgesamt drei Treffern in die Torschützenliste ein.

Ein weiteres positives Ereignis aus Sicht der MT war das Comeback von André Gomes. Kaum für den an diesem Tage etwas glücklosen Julius Kühn eingewechselt, erzielte der sprunggewaltige Halblinke seinen ersten Treffer. Es war das 8:4 in der 13. Minute. Vier weitere sollte der Portugiese in seinem ersten Auftritt nach fast zweimonatiger Verletzungspause (Mittelhandbruch) noch folgen lassen. Unterstützung als Torschütze aus dem Rückraum erfuhr der Rückkehrer nur durch Kai Häfner. Der Kapitän, obwohl selbst angeschlagen, hielt den Rückstand durch ebenfalls fünf Tore immer wieder in Grenzen.

Die Melsunger Abwehr, die dem Positionsangriff der Magdeburger oft wirkungsvoll entgegentrat und von Nebojsa Simic im Tor gut unterstützt wurde, hatte immer dann Probleme, wenn der Gegner zu seinen gefürchteten schnellen Kontern ansetzte. Und das passierte aufgrund von Ballverlusten im Angriff – sei es durch Fehlpässe, Fehlwürfe oder technische Fehler – leider zu oft. Hier war deutlich zu merken, dass die Mannschaft aufgrund der zahlreichen Ausfälle nicht in gewohnter Formation auf dem Feld stand. Die Offensive stockte bisweilen, schnelle Ballpassagen ergaben sich nur selten.

Schon kurz nach dem Anpfiff hatte der SC Magdeburg das Kommando übernommen, lag nach 6 Minuten mit 3:0 in Front, ehe Tobias Reichmann als Siebenmetertorschütze seiner Mannschaft das erste Erfolgserlebnis bescherte. Den Hausherren war anzumerken – und diesbezüglich bildeten sie mit ihren Fans auf den sehr gut gefüllten Rängen förmlich eine emotionale Einheit –  dass sie sich von ihrem Weg zur nahen Meisterschaft nicht mehr abbringen lassen wollen. Die Zuschauer beklatschten frenetisch nicht nur die Magdeburger Tore, sondern auch jede erfolgreiche Abwehraktion.

Zwischenstände, wie etwa 9:5 (15.), 12:7 (19.) oder 15:10 (25.) entsprangen zwar auch einigen Melsunger Fehlern, kamen aber vor allem dank effektiver Angriffe der jeweils sehr gut miteinander eingespielten Formationen des SCM zustande. Dennoch gelang es Melsungen mehrere Male, sich wieder etwas heranzurobben. Vier Minuten vor dem Halbzeitpfiff hätten die Rotweißen sogar bis auf drei Tore aufschließen können. Alexander Pettersson, Minuten zuvor noch nach perfekten Rückhandhandspiel von Kai Häfner über Rechtsaußen zum 15:10 erfolgreich, scheiterte beim Stand von 16:12 völlig freistehend an Magdeburgs Schlussmann Jannick Green. Und weil im Gegenzug Ingi Magnusson einnetzen konnte, hieß es statt 16:13, 17:12. Woraufhin André Gomes mit einem lehrbuchmäßigem Sprungwurf genau in den Winkel den 17:13-Halbzeitstand herstellte.

Nach dem Wiederanpfiff genügten den Magdeburgern nur gut dreieinhalb Minuten, um den Vorsprung auf sechs Tore zu vergrößern (20:14). Da war praktisch abzusehen, dass die MT an diesem Tage und in dieser engen Besetzung kaum ein Mittel finden würde, dem Gegner Einhalt zu bieten. Roberto Garcia Parrondo versuchte mit mehreren Wechseln jeweils neue Impulse zu setzen, aber die Umsetzung der jetzt auch kräftemäßig nachlassenden Mannschaft auf dem Spielfeld wollte nicht recht klappen.

Fünf Minuten vor Schluss betrug der Abstand erstmalig zehn Tore (31:21). Nun ging es lediglich darum, einen völligen Abschuss zu verhindern. Und das gelang auch. Julius Kühn konnte sich noch dreimal durchtanken. Darüber hinaus repräsentierten der 17-jährige Florian Drosten und der gleichaltrige Manuel Hörr erfolgreich das vierköpfige Youngster-Ensemble mit zwei sehenswerten Toren. Sie trugen so dazu bei, die Niederlage mit 26:33 noch einigermaßen in Grenzen zu halten.

Kai Häfner
Zum Spiel: “Wir hatten keine Chance, wenn man ehrlich ist. Die sieben Tore Abstand am Ende sind etwas schmeichelhaft, es hat sich nach mehr angefühlt. Wir haben versucht, dagegen zu halten,  haben es am Ende geschafft, nochmal ein wenig hinzukommen. Aber eine Chance hatten wir gegen Magdeburg nicht wirklich. Wir haben gerade die ersten zehn Minuten viel zu ängstlich gespielt und Angst gehabt, Fehler zu machen. Als wir mutiger wurden und tiefer in die gegnerische Abwehr gegangen sind, wurde es auch besser”.

Über den Einsatz der Youngster: “Die jungen Spieler haben schon am Anfang nicht mehr die Augen zu bekommen: Die Kulisse ist beeindruckend, die Jungs trainieren gut und haben es verdient. Das Ergebnis ist nicht toll, trotzdem hat der ein oder andere auch ein Tor gemacht. Für sie war es eine super Sache”.

SC Magdeburg – MT Melsungen 33:26 (17:13)

SC Magdeburg: Green (1.-60. Min.; 10 Paraden / 25 Gegentore), Jensen (bei einem Siebenmeter; 0 P. / 1 G.) – Chrapkowski, Musche 4, Kristjansson 1, Pettersson, Magnusson 6/3, Hornke 2, Weber 2, Gullerud 2, Mertens 1, Saugstrup 1, O’Sullivan 5, Bezjak 1, Smits 4, Damgaard 4 – Trainer Bennet Wiegert.

MT Melsungen: Simic (1.-48. Min.; 8 Paraden / 27 Gegentore), Heinevetter (48.-60. Min.; 2 P. / 6 G.) – Kühn 3, Reichmann 3/3, Kunkel 2, Arnarsson 3, Allendorf  1, Gomes 5, Kalarash, Häfner 5, Sahin, Hörr 1, Petersson 1, Potzkai, Drosten 2 – Trainer Roberto Garcia Parrondo.

Schiedsrichter: Christian und Fabian vom Dorff (Kaarst)

Zeitstrafen: 0 Min. – 6 Min. (Gomes 16:16 Min. und 54:28 Min.; Potzkai, 55:19 Min.)

Strafwürfe: 3/3 – 3/3

Zuschauer: 5.606, GETEC Arena Magdeburg

Das nächste Spiel:
Do., 19.05.22, 19:05 Uhr, MT Melsungen – TBV Lemgo Lippe, Rothenbach-Halle Kassel