WM: Medaillentraum geplatzt – Deutschland scheitert an Frankreich

Nach der tadellosen Vorrunde, der sehr guten Vorstellung gegen Holland und – trotz der Niederlage – über weite Strecken tollen Performance gegen Norwegen, machte sich die deutsche Mannschaft Hoffnungen, auch das Viertelfinale zu überstehen. Doch die ausgebufften Franzosen erwiesen sich letztlich als noch zu stark für die DHB-Auswahl. Die hatte gegen den Favoriten eine Dreiviertelstunde lang auf Augenhöhe agiert, ehe die Kräfte nachließen und die Fehlerquote nach oben schnellte. So gesehen, fiel die Niederlage nach ausgeglichener erster Spielhälfte (16:16) etwas zu deutlich aus. Beste deutsche Akteure vor 5.260 Zuschauern in der Danziger ERGO Arena waren Kapitän Johannes Golla, der alle seine sechs Würfe verwandelte, und Torwart Andreas Wolff mit 33 Prozent gehaltener Bälle. Kai Häfner war dreimal erfolgreich. Man of the Match wurde Frankreichs Keeper Remi Desbonnet, der mit 47 Prozent gehaltener Bälle den deutschen Angreifern ein ums andere Mal den Zahn zog. Nun geht es für die Schützlinge von Alfred Gislason in die beiden verbleibenden WM-Spiele um Platz 5-8.



Deutschlands Kapitän Johannes Golla auf dem Weg zu einem seiner sechs Tore. Zuschauen können da nur (v.l.) Elohim Prandi, Luka Karabatic und Ludovic Fabregas - Foto. S. Klahn/DHB.

sportschau.de fasst das Spiel so zusammen:
Die deutschen Handballer gingen das Vorhaben Halbfinale gegen den Favoriten konzentriert an. Von Beginn an zeigte die Mannschaft von Trainer Alfred Gislason eine gute Präsenz. Aus einer stabilen Deckung heraus und mit einem abermals sehr gut aufgelegten Torwart Andreas Wolff, der immer wieder beste Einwurfchancen der Franzosen zunichte machte, war Deutschland das bessere Team in der Anfangsphase.

Bis zur 15. Minute hatten sich Knorr, Golla und Co. eine 11:7-Führung erarbeitet. Doch die wurde durch leichte Fehler im Angriff innerhalb kurzer Zeit verspielt, die Franzosen glichen zum 11:11 aus. Frankreichs "Oldie" Nikola Karabatic zog immer wieder Siebenmeter, auch Nedim Remili stellte aus dem Rückraum die an sich gute deutsche Deckung vor Probleme.

Das Tempo des Spiels blieb hoch. Beide Mannschaften schenkten sich nichts. Bei noch konsequenterer Chancenverwertung wäre für die deutsche Auswahl gegen den vierfachen Weltmeister zur Pause mehr drin gewesen als das 16:16. Damit konnten die Deutschen nicht ganz zufrieden sein.

"Es ist ein rassiges Spiel mit Riesentempo und Riesenherz von beiden Seiten", meinte DHB-Vorstand Axel Kromer zur Pause, "nach der Vier-Tore-Führung hatten wir zu viele Ballverluste und etwas zu viel Risiko, das wir allerdings auch brauchen gegen solch einen Gegner."

Würden die Deutschen weiter mithalten können gegen den Titel-Mitfavoriten? Zunächst sah es sehr gut aus. Das Gislason-Team kam beherzt aus der Kabine und zog nach Toren von Kai Häfner, Johannes Golla und Juri Knorr auf 20:18 davon. Doch wie in der ersten Halbzeit schlichen sich dann leichte Fehler ins deutsche Spiel. Zudem fand der französische Ersatzkeeper Remi Desbonnet, der in der ersten Halbzeit für Vincent Gerard gekommen war, immer besser ins Spiel und brachte die deutschen Werfer zur Verzweiflung.

Frankreich machte aus dem 18:20 eine 23:20-Führung (44.). Diesen Rückstand konnte die Deutschen nicht mehr wettmachen, zumal sie leichten Fehler in der Offensive nicht abstellen konnten und Desbonnet im Tor der Franzosen weiter über sich hinauswuchs. Am Ende hatte der Mann von HB Montpellier sogar eine bessere Paradenquote als der ebenfalls herausragende Andreas Wolff, der seine Anerkennung zollte: "Er hat ein fantastisches Spiel gemacht", sagte Wolff.

In der Offensive verlor Deutschland den Rhythmus und konnte nicht mehr mithalten. Bei 30:25 in der 53. Minute war eine Vorentscheidung gefallen. Diesen Vorsprung ließen sich die abgezockten Franzosen nicht mehr nehmen und sahen am Ende einem leichten und deutlichen 35:28-Sieg entgegen.

Frankreich trifft nun im Halbfinale in Stockholm auf Schweden (Freitag, 27.01.23, 21:00 Uhr), während es für Deutschland in der Platzierungsrunde um die Plätze fünf bis acht geht. Nächster Gegner – ebenfalls in Stockholm – ist am Freitag (27.01.2023, 15:30 Uhr, live im Ersten) Afrikameister Ägypten. Gewinnt Deutschland, geht es am Sonntag ins Spiel um Platz fünf. (Autor: Jens Mickler)

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Frankreich - Deutschland 35:28 (16:16)

Frankreich:    Gerard, Desbonnet - Fabregas (5), Remili (5), Tournat (4), Mahé (4/2), Richardson (4/2), Mem (3), Lenne (3), L. Karabatic (2), Porte (2), Grebille (1), N. Karabatic (1), Nahi (1), Prandi, Lagarde.

Deutschland:    Wolff, Birlehm - Golla (6), Knorr (5/2), Mertens (4), Häfner (3), Steinert (3), Witzke (2), Kohlbacher (2), Groetzki (2), Weber (1), Köster, Drux, M'Bengue, Dahmke, Ernst.

Zuschauer: 5.260, ERGO Arena Danzig (POL)


Häfner trifft auf seinen Vereinstrainer

Die von MT-Trainer Roberto Garcia Parrondo gecoachten Ägypter unterlagen im Viertelfinale den favorisierten Schweden mit 22:26. in der 52. Minute waren die Pharaos zwar noch einmal auf drei Tore herangekommen (19:22), aber die Kraft reichte nicht mehr, um den Skandinaviern den Sieg streitig zu machen. Parronde hatte zwischenzeitlich alles versucht, brachte die Gastgeber mit einer aggressiven 4:2-Abwehr in Bedrängnis, der erhoffte Erfolg indes blieb aus. Zudem konnten sich die Tre Kronors in der Stockholmer Tele2 Arena auf die Unterstützung von 16.215 Zuschauerinnen und Zuschauern verlassen. Nun kommt es also am Freitag beim Quali-Spiel für die Platziwerungsspiele zwischen Deutschland und Ägypten zum Aufeinandertreffen von Kai Häfner mit seinem Melsunger Vereinstrainer. 

Casado mit Spanien noch im Rennen um die Medaillen

Noch im Rennen ist MT-Spielmacher Agustin Casado mit dem spanischen team. Das setzte sich in einem hochdramatischen Match gegen Deutschland-Bezwinger Norwegen nach zweimaliger Verlängerung mit 35:34 durch. Casado stand nach überwundener Knieprellung aus dem Spiel gegen gut 22 Minuten auf dem Feld, blieb aber bei zwei Würfen torlos. Spanien trifft nun am Freitag, um 18:00 Uhr, im Halbfinale auf Dänemark, das zuvor Ungarn besiegt hatte.

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