Achterbahn-Remis im Viertelfinal-Hinspiel gegen Bonn

Im Viertelfinal-Hinspiel des DHB-Pokals im Rahmen der Jugendhandball-Bundesliga haben es die MT Talents verpasst, sich gegen die Bonner JSG eine bessere Ausgangsposition für das am kommenden Sonntag stattfindende Rückspiel zu schaffen. Das 30:30 (18:16) lässt allerdings noch alles offen für den Einzug ins Final4 Mitte Mai. Der Spielverlauf glich einer Achterbahnfahrt bei zunächst sechs Toren Vorsprung, dann drei Toren Rückstand und dem finalen Ausgleich praktisch mit dem Schlusspfiff.

Bis auf Linksaußen Lino Duketis volle Besetzung bei den Gastgebern, keinerlei Ausfälle bei den Gästen. Beste Voraussetzungen also beiderseits für einen spannenden, rasanten Schlagabtausch. Und der wurde es dann auch. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase mit je zwei erfolglosen Angriffen jedenfalls. Danach schenkten sich beide nichts, degradierten die jeweils gegnerischen Torhüter erst einmal zu Statisten und feuerten aus allen Rohren. Aus einem 1:3 (4.) per Tempogegenstoß von Niklas Bitzer wurde ein 5:3 (7.) durch den glänzend aufgelegten Tom Wolf, und ebenso schnell durch den nächsten Bitzer-Konter wieder ein 5:5 (8.). Man kam kaum nach mit der Spielstatistik.

Während die Melsunger Bonns Achse mit Spielmacher Finn Hoffmann und Kreisläufer Bent Bieler hervorragend im Griff hatte, kam Lasse Ohl offensiv immer besser ins Spiel. Oft mustergültig in Szene gesetzt von Tom Wolf, der an fast jedem Treffer irgendwie beteiligt war. Kein Wunder also, dass die MT Talents langsam, aber sicher Spiel und Gegner in den Griff bekam. Bis auf 12:8 (Ohl auf Zuspiel Wolf, 15.), 14:9 (Wolf bei angezeigtem passivem Spiel, 17.) und schließlich 18:12 (Oleksii Tsymbaliuk mit feiner Einzelleistung, 24.) zogen die Hausherren unwiderstehlich davon.

Wobei Bonn zu diesem Zeitpunkt sogar noch froh sein konnte, nicht noch weiter ins Hintertreffen geraten zu sein. Die Dominanz der Nordhessen war frappierend, das Zusammenspiel gerade von Tom Wolf und Lasse Ohl phasenweise eine Augenweide. Die Steuerung im Rückraum oblag dabei weitgehend Julian Kreile, der just an seinem 17. Geburtstag weniger als Torschütze in Erscheinung trat, denn als unberechenbarer Unruheherd für die Gäste. Warum dann urplötzlich der Faden riss und praktisch gar nichts mehr gelang, blieb unverständlich. Aber bis zur Pause lief trotz frischem Personal im Rückraum sowie am Kreis überhaupt nichts mehr.

Dass sich die Nordhessen direkt nach der Pause kurzfristig wieder berappelten, war ebenfalls Julian Kreile geschuldet, der den Vorsprung mit zwei Treffern konservierte. Lasse Ohl und Tom Wolf bauten gar nochmals auf 22:18 (36.) aus und nach Jost Liebergesells 24:21 (40.) war eigentlich immer noch alles im halbwegs grünen Bereich. Hinten hatte Trainer Florian Maienschein umgestellt, Oleksii Tsymbaliuk in den Innenblock gestellt und Lasse Ohl aufgetragen, die Kreise von Kevin Fricke einzuengen. Mit wenig Erfolg. Zwar stockte der Melsunger Kreisläufer offensiv sein Haben-Konto weiter auf, verlor aber dafür defensiv zu oft das Duell mit Bonns Halblinkem. Der hielt mit zwei Toren den Anschluss zum 25:24 (42.).

Dazwischen hatte JSG-Schlussmann Moritz Czerwinski für Jubel bei den Seinen gesorgt, als er einen angefangenen Ball aus dem eigenen Kreis ins zu diesem Zeitpunkt verwaiste Melsunger Gehäuse zirkelte. Der Auftakt zu einer ganzen Reihe starker Szenen des Bonner Keepers. In dessen Fahrwasser sich seine Kameraden im Feld nach und nach ein deutliches Übergewicht erspielten. Abermals lief kaum noch etwas beim Gastgeber. Bezeichnend, dass der zuvor so sichere Tom Wolf erst frei an Czerwinski scheiterte und im unmittelbaren Gegenzug für sein überhastetes Eingreifen gegen Finn Hoffmann für zwei Minuten vom Feld musste.

Da passte es ebenfalls ins Bild, dass Lukas Schröder, in temporärer Abwesenheit des nominellen Schützen, vom Siebenmeterstrich im Bonner Helden der zweiten Hälfte seinen Meister fand. Der anschließend auch den völlig freien Lasse Ohl entzauberte und maßgeblicher Faktor dafür war, dass die Westdeutschen durch Niklas Bitzer auf 27:30 (53.) stellen konnten. Trotzdem war noch eine komplette Wende drin, denn ihre Abwehr brachten die MT Talents, nicht zuletzt wegen einiger toller Paraden von Ben Wolf, in der Schlussphase wieder zum Funktionieren. Nicht aber den Angriff. Nach Jonathan Attings 29:30 (55.) gab es zwar reichlich Gelegenheiten, das Runde ins Eckige zu verfrachten, doch einzig Tom Wolf nutzte eine davon: Exakt eine Sekunde vor dem Abpfiff landete sein allerletzter Verzweiflungswurf unhaltbar im Netz. Und rettete damit wenigstens noch das Remis, das fürs Rückspiel alles offen lässt.

0:1 (3.), 1:3 (4.), 5:3 (9.), 5:5 (8.), 7:5 (11.), 9:8 (12.), 12:8 (15.), 14:9 (17.), 18:12 (24.), 18:16 (Halbzeit), 19:18 (34.), 22:18 (36.), 24:23 (41.), 26:25 (42.), 26:28 (50.), 27:30 (53.), 30:30 (Ende).

Stimmen zum Spiel

Florian Maienschein: Eigentlich standen wir ganz gut in der Abwehr, hatten aber über das gesamte Spiel unsere Probleme mit Fricke. Trotzdem sind wir zuerst gut reingekommen, haben Lösungen gefunden, gut mit dem Kreis gespielt und auch das Tempospiel lief. Bevor wir zum Ende der ersten Halbzeit komplett den Faden verloren haben. Fehler werden auf diesem Niveau eben immer bestraft, zumal wir Bonn mit den Nachlässigkeiten selbst zu ihren Gegenstößen eingeladen haben. Wir wollten es in der zweiten Hälfte professioneller angehen, haben das aber nicht geschafft. Knackpunkt waren die vielen verlorenen 1-gegen-1-Situationen gegen Fricke. Dann kam auch noch Czerwinski ins Spiel. Mit einem Feldspieler mehr wollten wir uns Sicherheit holen, bekamen dann aber zwei Zeitstrafen. Und zum Schluss treffen wir vorn aus besten Positionen das Tor nicht. Das Positive aus diesem Spiel: Wir haben es nächste Woche im Rückspiel selbst in der Hand, es besser zu machen.

Julius Palmen: Ich habe gewusst, dass meine Mannschaft auch bei Rückständen niemals aufgibt. Sie spielt immer mit ganz viel Leidenschaft. Aber dass wir nach sechs Rückstand so zurückkommen, das hat selbst mich überrascht. Die Jungs haben einen starken Job gemacht. Mit unserer offensiven Abwehr haben wir Melsungen zum Nachdenken gebracht. In der ersten Halbzeit konnten Wolf und Ohl noch machen, was sie wollten, In der zweiten Halbzeit nicht mehr, und dann kam auch noch Moritz Czerwinski dazu. Trotzdem: hätte mir vorher das Unentschieden angeboten, ich hätte es genommen.

Statistik
MT Talents: B. Wolf (6 Paraden / 11 Gegentore), Knop (6 P. / 19 G.) – Tsymbaliuk 1, Kepper, Kreile 3, Wilfer, T. Wolf 11/3, Stehl 3, Schröder 2, Liebergesell 1, Braune, Ohl 8, Atting 1 – Trainer Florian Maienschein.

Bonner JSG: Suthhoff (1 P. / 14 G.), Czerwinski (1 Tor / 10 P. / 16 G.) – Severin, Nuesse 4, Hoffmann 3/1, Bieler 3, Schmieder 3, Fricke 9, Kaestner 1, Bitzer 5, Weber, Rohde, Kluß 1, Jansen 1 – Trainer Julius Palmen.

Z: 143 - SR: Fikus /Schmidt (Gießen) - Strafen: 10 : 12 Minuten – 7m: 4/3 : 1/1.