Herbst und die Früchte der Videoanalyse

Wie kein anderer Spieler einer Handball-Mannschaft steht der Keeper ganz besonders im Fokus. So auch Jan Lasse Herbst. Am vergangenen Sonntag beim 25:20 seiner MT Melsungen 2 im ersten Drittliga-Heimspiel der Vereinsgeschichte gegen den OHV Aurich zählte er zu den Sieggaranten.

Was ihm ein Sonderlob von MT-Torwarttrainer Carsten Lichtlein einbrachte: „Jan Lasse hat überragend gehalten und damit auch den Grundstein für den Sieg gesetzt.“ Mit ebenso vielen gehaltenen Bällen wie Gegentoren reichte er heran an die 50-Prozent-Schallmauer, ab der man nicht nur von einer sehr guten, sondern von einer überragenden Quote spricht. „Der Schlüssel dazu war unsere gute Abwehr. Und wenn es am Anfang klappt, man vielleicht gleich zwei Bälle hält, dann ist man sofort auch selbstbewusster“, sagt der Mann mit der Rückennummer 16. 

Diese zwei Momente hatte 1,94 Meter große Schlussmann zwar sehr schnell auf seinem Konto, aber zunächst auch einen Widersacher, der ihm den Spaß verderben wollte: Aurichs Neuzugang Rostyvlas Polishchuk setzte ihm in den ersten 20 Minuten gleich fünf Bälle ins Netz. Danach allerdings keinen mehr. Jan Lasse Herbst „hatte ihn drauf“, wie man sagt.

Kein Zufall! Er las seinen Opponenten regelrecht und setzte das Wahrgenommene unmittelbar um. Unter anderem ein Resultat seiner Arbeit mit Carsten Lichtlein. Mit ihm absolviert er zwar kein klassisches Training, aber „wir machen die Spielvorbereitung, machen Videoanalysen und Wurfbilder“, beschreibt der 21-Jährige die Arbeit mit dem Welt- und Europameister in Diensten der MT Melsungen. Der wiederum unterstreicht den Stellenwert genau dieser Inhalte: „Videoanalyse ist wichtig in einer Liga, in der man noch nicht gespielt hat. Es kommen in der 3. Liga neue, bessere Gegenspieler von ganz anderer Qualität auf die Torhüter zu.“ 

Mit Jannik Büde und Förderkader-Spieler Carl Beck gibt es intern noch zwei weitere starke Keeper. Ein harter Konkurrenzkampf um Einsatzzeiten also? „Nö, wir verstehen uns gut!“, kommt es spontan zurück. Natürlich wolle jeder spielen, aber es stehe eben derjenige zwischen den Pfosten, der sich gerade am besten fühlt. Da gebe es keinen Neid, jeder unterstütze den anderen. Lichtlein erklärt einen Unterschied: „Jan Lasse ist größer als seine beiden Kollegen. Er deckt damit mehr vom Tor ab und hat seine Stärke im Eins-gegen-Eins.“ Was man gegen den OHV mit mehreren entschärften Tempogegenstößen deutlich erkennen konnte. 

Wobei ihm da vielleicht auch sein Naturell entgegenkommt. Er ist eher der ruhige Typ, steht wie der sprichwörtliche Fels in der Brandung, spielt auch in der Stärke meist unspektakulär, ist nicht der gestenreiche Dirigent der Abwehr. „Manchem im Feld tut es gut, wenn er einen Ruhepol hinter sich hat“, weiß der MT2-Schlussmann. Klar, Infos gibt er natürlich weiter, „zum Beispiel wenn ein Einläufer von der Seite kommt, den die Abwehrspieler gerade nicht wahrnehmen können“. 

Ansonsten verlässt er sich auf Absprachen und die Umsetzung des Besprochenen vor seinem Torraum. Und natürlich auf den eigenen, mit Carsten Lichtlein erarbeiteten Fundus an Infos über die Gegner. Der HBL-Rekordspieler freut sich immer mit, wenn der gemeinsam zurechtgelegte Matchplan funktioniert hat. So wie am vergangenen Sonntag. (Michael Koch)