MT fegt Flensburg aus der Halle
Die MT Melsungen hat die Tabellenführung in der DAIKIN Handball-Bundesliga leidenschaftlich verteidigt. Am 12. Spieltag wiesen die Nordhessen die SG Flensburg-Handewitt mit 33:24 (15:13) in die Schranken.
Welch ein Kampf! Allen Ausfällen zum Trotz hat ein Rumpfteam der MT Melsungen die SG Flensburg-Handewitt im Spitzenspiel der Handball-Bundesliga niedergerungen. Mehr noch: Die Mannschaft von Roberto Garcia Parrondo fegte die Norddeutschen beim 33:24 (15:13) am Freitagabend regelrecht aus der Halle.
Mann des Abend war einmal mehr Torwart Nebojsa Simic, der im Lauf der zweiten Halbzeit seinen Kasten verriegelte. In den letzten zehn Minuten erzielten die Gäste keinen Treffer mehr.
Zwei klasse Abwehrreihen bestimmten die Anfangsphase des Top-Spiels. Spielerisch war da beiderseits nur wenig gegen auszurichten. Wobei das sicher den Gastgebern entgegenkam, die neben ihren Ausfällen Darmoul und Mensing auch noch auf Nikolaj Enderleit verzichten mussten, der sich im Europacup einen Pferdekuss abgeholt hatte. Nicht viele Optionen also im Rückraum für Parrondo, der sich offensiv deshalb nicht nur auf Elvar Örn Jonsson, Erik Balenciaga und Dainis Kristopans in der zweiten Reihe stützte, sondern von Anfang an mit Rogerio Moraes und Adrian Sipos als siebtem Feldspieler am Kreis operierte.
Das drückte die Flensburger zwar zurück und generierte auch Möglichkeiten, doch die entschärfte zunächst einmal Kevin Möller zuverlässig. Einzig Balenciaga wurstelte sich einmal durch zum 1:1 (2.), dann dauerte es lange fünf Minuten, bis Kristopans zum 2:2 ausglich. Aber fade Kost? Weit gefehlt! Es war schon allein aufgrund der unglaublichen Intensität genau das Spitzenspiel, das man erwarten durfte.
Mit Führungsübernahme der MT durch Adrian Sipos, massiver Antwort der Norddeutschen auf 3:5 (12.) durch Simon Pytlick, dann wieder die Nordhessen, diesmal äußerst kreativ: Pass Kristopans hinter dem Rücken auf Timo Kastening (Foto: Käsler), der hebt ab und bedient per Kempa-Anspiel den von der anderen Seite einfliegenden Barrufet zum 6:6 (15.). Das 7:6 schiebt Kastening selbst sofort hinterher – Wahnsinn!
Bis dahin wäre eigentlich allein Kevin Möller für eine deutliche SG-Führung gut gewesen. Gleich zwei Siebenmeter kaufte er Ian Barrufet ab. Die bärenstarke Defensive der MT glich das aber nicht nur aus, sondern lieferte mit ihren Ballgewinnen immer sofort Gelegenheiten für schnelle Konter.
Und weil aus dem Positionsangriff weiter nur wenig zugelassen wurde, musste das Husarenstück von zuvor wiederholt werden: Barrufet setzte das nächste Kempa-Zuspiel von Kastening in die Maschen. 12:10 (24.), erste Zwei-Tore-Führung der Melsunger und eine förmlich explodierende Halle. Zwar kam Flensburg durch Johan Hansen noch einmal zum Ausgleich, aber Balenciaga und Jonsson sorgten wieder für eine Führung zur Pause.
Aus der kamen die Gastgeber mit ganz viel Power zurück. Nur als Momentaufnahme diente Lass Möllers Verkürzung auf 16:15 (32.), dann war die MT nach Rogerio Moraes‘ Kraftakt am Kreis zum 19:16 (34.) sogar auf drei weg – und hielt diese Distanz zunächst. Flensburg scheiterte in dieser Phase mehrfach am wieder stabiler werdenden rot-weißen Abwehrriegel und zweimal an Nebojsa Simic, hielt aber über Siebenmeter von Emil Jakobsen den Anschluss. Es wurde wieder intensiver, Flensburg legte einen 3:0-Lauf hin, vollendet von Johannes Golla, der zum 22:22 (46.) ausglich. Dreiviertel der Spielzeit absolviert, alles wieder auf Null.
Melsungen beeindruckt? Mitnichten! Ganz schnell schlugen Kristopans und Kastening zurück, hielten Flensburg in der Verfolgerrolle. Die Intensität ging noch einmal eine Stufe nach oben, Melsungen zerriss sich förmlich. Adam Morawski kam kalt zum Siebenmeter, parierte glänzend gegen Jakobsen. Simic bekam einen Ball von Lasse Möller voll ins Gesicht, schüttelte sich aber und machte weiter – stärker als zuvor ohnehin schon. Und vorn? Da wurde der Unterzahl getrotzt und trotz Strafe gegen Sipos tanzte sich Balenciaga durch die SG-Abwehr – 27:24 (54.).
Wer nun dachte, es käme die große Flensburger Schlussoffensive, der sah sich getäuscht. Denn die ließ einer schlicht nicht zu: Nebojsa Simic. Der hielt Wurf um Wurf, drehte nach seiner unglaublichen Parade gegen Simon Pytlick förmlich durch und feierte mit den MT-Fans. Und um ihn herum ein einziges Tollhaus Rothenbach-Halle. Sprechchöre „Oh, wie ist das schön“ und ein Jubelsturm nach dem anderen auf den Rängen, wenn Simic wieder einmal zur Stelle war. Sein letztes Tor kassierte er von Pytlick in der 50.Minute, danach war für die Norddeutschen Sendepause – bis zum Schluss.
Fast zwangsläufig wuchs der Vorsprung an gegen sichtlich verzweifelnde Gäste. Am Ende war es nicht nur der erste Heimerfolg Melsungens überhaupt gegen Flensburg, sondern eine echte Demonstration der eigenen Stärke. Ein 8:0-Lauf gegen eine Spitzenmannschaft als Spielausklang – wann hat es so etwas schon mal gegeben? Der verdiente Lohn war das warme Bad in der Menge der restlos begeisterten Fans. (Michael Koch)
Stimmen
Roberto Garcia Parrondo: Wir sind sehr zufrieden mit diesem Sieg. Und das in einem Topspiel gegen eine Topmannschaft. Wir wussten, dass wenn wir gewinnen wollen, müssen wir ein perfektes Spiel machen. Das war es in den ersten Minuten vielleicht nicht, danach dann schon. Die fantastische Atmosphäre in der Halle hat uns eine Extra-Portion Energie gegeben.
Nicolej Krickau: Glückwunsch nach Melsungen zu diesem ganz verdienten Sieg. Wir hatten die Spielentwicklung zwar so erwartet, aber sicher nicht erhofft. Wir wussten, wenn Melsungen einen Vorsprung hat, ist ihre Tempokontrolle fantastisch. Und wir mussten heute um jedes unserer Tore viel mehr kämpfen als sonst. Beim 23:23 in der zweiten Halbzeit hatte ich das Gefühl, Melsungen wäre müde. Aber genau in diesem Moment kam bei uns der Bruch. Und vor allem Simic kam so richtig.
Statistik
MT Melsungen: Simic (16 Paraden / 24 Gegentore), Morawski (1 P. / 0 G.); Balenciaga 6, Mandic, Sipos 3, Kristopans 5, Ignatow, Moraes , Drosten, Jonsson 3, Arnarsson, Cavalcanti, Wolf, Eickhoff, Kastening 6/3, Barrufet 8 – Trainer Roberto Garcia Parrondo.
SG Flensburg-Handewitt: K. Möller (10 Paraden / 22 Gegentore), Buric (2 P. / 11 G.); Pytlick 6, Golla 4, Kirkelökke 3, Mensah 1, Jörgensen 3, Hansen 2, Horgen, Pedersen, Jakobsen 2/2, Smits, Knutzen, Blagotinsek, L. Möller 3 – Trainer Nicolej Krickau.
Schiedsrichter: Ramesh Thiyagarajah (München) / Suresh Thiyagarajah (Köln); Spielaufsicht: Frank Böllhoff.
Zeitstrafen: 8 – 6 Minuten (Kristopans 17:56, Cavalcanti 19:32, Sipos 36:39/51:49 – Pytlick 15:14, Blagotinsek 47:53, Jakobsen 57:07)
Strafwürfe: 6/3 – 3/2 (Möller hält Wurf von Barrufet 10:24, Möller erneut Sieger gegen Barrufet 12:05, Kastening scheitert an Möller 25:23 – Morawski hält Wurf von Jakobsen 50:55)
Zuschauer: 4.491 in der Rothenbach-Halle, Kassel (ausverkauft)
Spielstände: 0:1 (1.), 1:1 (2.), 3:2 (7.), 3:5 (12.), 6:6 (15.), 8:8 (18.), 10:10 (21.), 13:10 (25.), 13:13 (27.), 15:13 (28.) HZ – 16:13 (31.), 19:16 (35.), 22:19 (40.), 22:22 (46.), 24:22 (48.), 25:24 (50.), 33:24 (60.) Endstand.