Unbelohnte MT 2 beeindruckt beim Primus mit Kampf und Leidenschaft

Dem Klassenprimus alles abverlangt, aber keinen Lohn dafür eingestrichen: Die MT Melsungen 2 unterlag beim Tabellenführer Eintracht Hildesheim in einem sehenswerten Kampfspiel mit 25:28 (12:14), lieferte dabei aber wie schon im Hinspiel einen Riesenleistung ab. Gerade im defensiven Bereich, denn weniger eigene Tore gelangen den Niedersachsen diese Saison noch in keiner Partie!

Wenn die heimischen Fans des Spitzenreiters zu Beginn der Schlussminute beim Tor des eigenen Spielers enthusiastisch aufspringen und die Phonzahl des Jubels Schmerzgrenzen touchiert, sagt das schon eine Menge aus. Denn bis zum 27:24 von Hendrik Hanemann war in diesem irren Spiel tatsächlich immer noch alles drin. Und das, obwohl da gerade noch 53 Sekunden zu absolvieren waren. Sicher war der Sieg der Eintracht letztlich verdient, was auch Trainer Arjan Haenen unumwunden zugab. Doch das, was seine Mannschaft da abgeliefert hatte, war aller Ehren wert. Im Einzelnen:

Die Einstellung

War alleroberste Kategorie. Die Lehren aus dem Baunatal-Debakel gezogen, allen Frust abgeschüttelt, von der ersten Sekunde hellwach gewesen. So wünscht man sich das als Coach, dass gerade die Abwehr keine Spur mehr zeigte von Unsicherheit oder Zögern. Es passte einfach. Ausgehend von einer 6:0-Wand, aus der Jona Rietze immer wieder heraustrat, um Matteo Ehlers zu stören. Was so gut funktionierte, dass Hildesheim die 2:0-Führung der Gäste durch Florian Drosten und Jan Waldgenbach erst nach ewig langen neun Minuten ausgleichen konnte. Ungewohnte Schwerstarbeit also für den Favoriten. Vor den Nordhessen waberte dafür gegenüber ständig eine grün-weiße Gummiwand vor und wieder zurück, an der ihre Angriffe oft einfach abprallten. Beide Offensiven nahmen die jeweiligen Aufgaben an, beide rieben sich so aber auch schon früh auf.

Die Effektivität

Unter Berücksichtigung der Ausnahmestellung, die Hildesheim (zusammen mit Emsdetten) in dieser Liga einnimmt, war der Output der Melsunger eindeutig höher anzusiedeln. Auch als die Hausherren durch den quirligen Lukas Quedenbaum die Führung zum 5:4 (14.) übernommen hatten und alsbald auf zwei Tore ausbauten, fand der Aufsteiger immer wieder Räume und Gassen, wo eigentlich keine hätten sein dürfen. Aber ob nun per Schlagwurf von Manuel Hörr aus dem Rückraum, schön und geduldig herausgearbeitet mit Abschluss des freigespielten Leon Stehl oder mit Einläufer von Rene Andrei, die Lösungen waren da. Ärgerlich, dass der kurzfristige Versuch mit sieben gegen sechs nach hinten losging und zwei offensive Ballverluste sofort zwei Gegentore ins leere Gehäuse bedeuteten (10:6, 22.). Aus den minus vier wurde bis zur Pause dennoch wieder ein minus zwei, weil Melsungen seine Gelegenheiten einfach effektiver nutzte. Nach dem Seitenwechsel waren dann kaum noch Unterschiede auszumachen.

Das Torhüterduell

Jannik Büde hatte es im Vorlauf bereits thematisiert: Arjan Haenen muss aus seinen annähernd gleich starken Kandidaten, die sich in Abwesenheit von Jan Lasse Herbst diesmal auf zwei reduzierten, immer den mit der besseren Form herauspicken. Und der Niederländer hatte diesmal unbestritten ein goldenes Händchen. Was Jannik Büde da gerade im ersten Durchgang parierte, nötigte selbst den hartgesottensten Hildesheimern auf der Tribüne Respekt ab. Vorteil MT 2 also zunächst auf dieser Position, der dann nach dem Wechsel aber bröckelte. Nicht etwa, weil Jannik Büde nachgelassen hätte. Aber sein Gegenüber Leon Krka wurde spätestens nach Jan Grollas 20:18-Anschluss (48.) zum Faktor. Am Ende hatte er drei Paraden mehr stehen, dazu noch ein Tor.

Die Härte

Ja, beim Blick auf die Strafzeiten befällt den Betrachter unweigerlich das Gefühl, eine wüste Prügelei verpasst zu haben. Dabei bot die Partie, bis auf die üblichen Nickligkeiten beim Handball, nicht viel Grund zu übertriebener Sorge. Einige Strafen entsprangen Wechselfehlern, andere der Meckerei – wirklich grobe Fouls waren nicht dabei. Was eigentlich viel mehr verwundern sollte, denn die gesamten 60 Minuten wurden beiderseits mit beeindruckender Intensität geführt. Da war Kribbeln und Spannung durchgängig vorhanden, so dass man sogar Verständnis hätte haben müssen, wäre irgendeinem mal was rausgerutscht. Also: Strafen in dieser Vielzahl ignorieren, allerdings trotzdem einen leichten Seitenblick auf die Verteilung haben: Hildesheim spielte 20% der Zeit nicht vollständig, Melsungen 33%. Das nächste Indiz, dass die MT 2 an diesem Tag spielerisch wie kämpferisch kaum schwächer war als die Eintracht.

Die Entscheidung

Einen effektiven Zeitpunkt dafür zu finden ist schwer. Im Grunde trifft das Schlussresultat ja auch den Eindruck aller vor Ort. Pickt man aber aus den beleuchteten Stichpunkten jeweils Kleinigkeiten heraus, kommt man dem Ergebnis auf die Spur. Die Einstellung passte bei beiden, da war kein Unterschied. Die Effektivität lag ebenfalls auf einem Niveau. Vorteil Hildesheim zwischen den Pfosten trotz famoser Leistung von Jannik Büde, ebenfalls Vorteil Eintracht bei den Strafen, wenngleich Melsungen diesen Malus mit umso mehr Engagement und Leidenschaft nahezu ausglich. Für fast komplette zwei Minuten mussten sich ausgerechnet in der „Crunchtime“ der anbrechenden letzten zehn Minuten vier Melsunger gegen sieben Hildesheimer beweisen. Und schafften das mit einem isolierten 1:2 – Klasse! Und doch nicht genug, weil den Gastgebern in den wirklich entscheidenden Szenen über das Spiel verteilt weniger Ballverluste unterliefen und das Leder um Nuancen sicherer durch ihre Reihen lief.

Der Verlauf: 0:2 (4.), 2:2 (9.), 2:4 (12.), 5:4 (14.), 7:6 (19.), 10:6 (22.), 13:9 (28.), 14:12 (Halbzeit), 17:13 (35.), 19:15 (41.), 20:18 (48.), 24:19 (54.), 25:22 (58.), 26:24 (59.), 27:24 (60.), 28:25 (Ende).

Statistik

MT Melsungen 2: Büde (12 Paraden / 23 Gegentore), Beck (0 P. / 5 G.) – Stehl 6, Grolla 4, Hörr 3, Reinbold, Rietze 2, Ohl 2, Beekmann, Waldgenbach 1, Wolf, Pregler, Andrei 4, Weiß, Drosten 3/1 – Trainer Arjan Haenen.

HC Eintracht Hildesheim: Krka (1 Tor / 15 P. / 22 G.), Jochens (0 P. / 3 G.) – Myrbakk, Most, Juric 1, Wäger 2, Gruszka, Tonar 5, Hanemann 1, Quedenbaum 5, Jonas, von Hermanni 7/5, Schade 2, Ehlers 2, Billepp 2 – Trainer Daniel Deutsch.

Z: 1.009 - SR: Julian Lauenroth / Arne Surrow (Lübeck / Kronshagen) - Strafen: 20 - 12 Minuten – Disqualifikation: Andrei (MT2, 3x2 Min. 59.) - 7m: 1/1 – 5/5.